Süddeutsche Zeitung

Tarifstreit bei der Bahn:Lokführer kündigen neuen Streik an

Die Gewerkschaft GDL will von Donnerstag bis Dienstag den Personenverkehr auf der Schiene lahmlegen, das ist der bislang längste Ausstand in diesem Arbeitskampf. Die Bahn übt scharfe Kritik.

Knapp eine Woche nach dem jüngsten Streik bei der Deutschen Bahn hat die Lokführergewerkschaft GDL in ihrem Arbeitskampf um höhere Löhne und eine Corona-Prämie erneut zu einem Ausstand aufgerufen. Sie begnügt sich diesmal allerdings nicht wie zuletzt mit 48 Stunden, sondern will ihren Arbeitskampf deutlich verschärfen. So kündigt die GDL an, im Personenverkehr von Donnerstag an über fünf Tage zu streiken.

Konkret sollen der Nah- und Fernverkehr von Donnerstagmorgen um zwei Uhr bis Dienstagmorgen um zwei Uhr lahmgelegt werden, wie GDL-Chef Claus Weselsky am Montagabend ankündigte. Im Güterverkehr beginne der Ausstand bereits am Mittwochnachmittag. "Klare Botschaft, klare Kante", sagte Weselsky. Das Management der Deutschen Bahn habe den dritten Streik provoziert, da es sich weigere, ein neues Angebot vorzulegen.

"Das ist eine der längsten Arbeitskampfmaßnahmen, die wir durchführen, und zwar absichtlich", sagte der Gewerkschaftschef und verschärfte auch verbal die Konfrontation. "Irgendwann begreift das Management, dass man einen Krieg mit den eigenen Beschäftigten nicht gewinnen kann." Weselsky machte deutlich, dass die Mitglieder auch für weitere Arbeitskämpfe bereitstünden. Er deutete an, dass ein unbefristeter Streik denkbar sei, auch wenn er diesen "vorerst vermeiden" wolle.

Der Arbeitskampf der Gewerkschaft GDL hatte bereits im August zwei Mal für einige Tage große Teile des Fern- und Nahverkehrs lahmgelegt und die Reisepläne von Millionen Fahrgästen mitten in der Urlaubszeit durchkreuzt. Auch der Güterverkehr war betroffen. Am Wochenende hatte die GDL im Personenverkehr bisher allerdings nicht gestreikt.

Streit der Gewerkschaften, wer für wen verhandelt

Die GDL fordert eine Tariferhöhung von 3,2 Prozent und eine Corona-Prämie von 600 Euro. Die Bahn ist zu einer Lohnerhöhung in diesem Volumen bereit, allerdings erst später als von der Gewerkschaft gefordert. Gesprächsbereit ist der Bahn-Konzern auch hinsichtlich einer Corona-Prämie, hatte sich jedoch bislang nicht zu einer möglichen Höhe geäußert. Bahnchef Richard Lutz hatte erklärt, Angebot und Forderung lägen nicht weit auseinander.

Der Arbeitskampf sei durch nichts gerechtfertigt, kritisierte die Bahn. "Der GDL-Spitze geht es ausschließlich darum, ihre Macht auszuweiten - und das zulasten der Reisenden und der Wirtschaft", so Personalchef Martin Seiler. Die Bahn erwartet, dass sie im Fernverkehr ein Viertel des üblichen Angebots fahren kann, im Regional- und S-Bahn-Verkehr 40 Prozent. Reisende könnten Fahrkarten flexibel nutzen, Reisen vorziehen oder bis zum 17. September verschieben. Eine Erstattung sei möglich.

Mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatte der Konzern 2020 einen Sanierungstarifvertrag geschlossen, den die GDL als unzureichend ablehnt. EVG und GDL erheben den Anspruch, für fast alle 185 000 Beschäftigten beim Schienenpersonal zu verhandeln. Die Bahn verweist jedoch auf das Tarifeinheitsgesetz: Demnach gilt ein Tarifvertrag nur dort, wo die jeweilige Gewerkschaft die Mehrheit hat. Laut Bahn hat die GDL in 16 der rund 300 Einzelbetriebe des Konzerns die Mehrheit. Die GDL bestreitet das und klagt vor Gericht.

Kritik gibt es auch vom Fahrgastverband Pro Bahn. "Es gibt gewisse Rechte im Grundgesetz, aber ich muss damit auch sehr behutsam umgehen", sagte dessen Ehrenvorsitzender Karl-Peter Naumann. "Das ist, glaube ich, nicht mehr der Fall." Mit der Streikwelle schade die GDL dem Ruf der Eisenbahn und der angestrebten Verkehrswende.

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