Lissabon-Vertrag:"EU-Mitglieder bleiben Herren der Verträge"

Die Minister Schäuble und Steinmeier haben den Lissabon-Vertrag der EU in Karlsruhe als verfassungskonform verteidigt - gegen deutliche Kritik.

Schlagabtausch in Karlsruhe: Die Bundesregierung hat vor dem Verfassungsgericht die durch den Lissabon-Vertrag vorgesehene Kompetenzerweiterungen der EU verteidigt. Der neue EU-Vertrag sei eine notwendige und konkrete Antwort auf unabweisbare Zukunftsaufgaben, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe.

Lissabon-Vertrag: Hält den EU-Reformvertrag von Lissabon für verfassungsgemäß: Innenminister Wolfgang Schäuble

Hält den EU-Reformvertrag von Lissabon für verfassungsgemäß: Innenminister Wolfgang Schäuble

(Foto: Foto: dpa)

Die Bekämpfung des Terrorismus, die weltweite Wirtschaftskrise oder den Klimawandel könne keines der 27 EU-Mitgliedsländer mehr allein bewältigen. Der Vertrag sei daher kein Selbstzweck, sondern sichere die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit der EU in ihrem heutigen Umfang.

Die Richter des Zweiten Verfassungsgerichtssenats verhandeln zwei Tage lang über die Beschwerden des CSU-Abgeordneten Peter Gauweiler, des ÖDP-Vorsitzenden Klaus Buchner sowie von 53 Bundestagsabgeordneten. Außerdem haben Franz Ludwig Graf von Stauffenberg und drei Anwälte Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie kritisieren die Kompetenzausweitungen zugunsten der EU als Verfassungsbruch.

Der Chef der Linksfraktion, Oskar Lafontaine, äußerte die Befürchtung, dass das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes ausgehebelt werde. Durch den Vertrag werde die EU als staatsanaloges Konstrukt geschaffen, argumentierte der Vertreter Gauweilers, der Freiburger Staatsrechtler Dietrich Murswiek, vor dem Gericht. Die EU könne sich damit alle relevanten Politikfelder zueigen machen. Das verstoße gegen die Verfassung.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hielt dagegen, der Vertrag beeinträchtige die Souveränität Deutschlands nicht . Vielmehr sei die arbeitsteilige Ausübung staatlicher Souveränität, wie sie im neuen EU-Vertrag festgelegt sei, im Grundgesetz bereits vorgesehen. Die Mitgliedstaaten blieben "Herren der Verträge".

Der Lissabon-Vertrag übernimmt Regelungen aus der gescheiterten EU-Verfassung und erweitert die Vorgänger-Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza. Die EU soll nun eine eigene Rechtsstaatlichkeit erhalten. Außerdem wird das Wahlverfahren im EU-Rat reformiert, und die EU erhält mehr Befugnisse im Bereich innere Sicherheit und Strafverfolgung. Alle EU-Mitgliedsstaaten müssen den Vertrag ratifizieren, damit er wirksam werden kann.

Bis auf Deutschland, Irland und Tschechien haben alle Mitgliedsstaaten den Vertrag ratifiziert. Mit einem Urteil des Verfassungsgerichts wird nicht vor dem Frühjahr gerechnet.

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