Linkspartei nach der Bundestagswahl:Das große X

Die Linkspartei sieht sich als wahre soziale Partei Deutschlands. Nach dem zweistelligen Ergebnis bei der Bundestagswahl spricht ihr Chef Lafontaine von einer Allianz mit der SPD.

Michael Bauchmüller

Das Zelt tobt schon längst, da setzt Gregor Gysi noch einen drauf. "Wann", so fragt der Spitzenkandidat der Linkspartei in gespielter Unschuld, "ist man denn eigentlich eine Volkspartei?" Die Linkspartei jedenfalls fühlt sich so, zumindest einen Abend lang. Denn nicht nur im Bund, auch in Brandenburg legten die Linken deutlich zu.

Linkspartei nach der Bundestagswahl: Gibt sich mitfühlend: Oskar Lafontaine.

Gibt sich mitfühlend: Oskar Lafontaine.

(Foto: Foto: ddp)

Zehn Prozent plus x, das war die Losung für die Bundestagswahl, und sie ist aufgegangen. Irgendwo zwischen zwei und drei lag das x in den Hochrechnungen - genug für Euphorie in dem kargen Partyzelt, das sich die Linke im Berliner Szenestadtteil Prenzlauer Berg gemietet hatte.

Ein zweistelliges Ergebnis für die Linken im Bundestag, das ist neu. Bei der letzten Wahl hatte die Partei 8,7 Prozent davongetragen, seinerzeit galt das als sensationell. Nun aber sieht sich die Linke bestätigt - in ihrer Rolle als wahre soziale Partei Deutschlands.

Ihren Wahlkampf hatte sie im Wesentlichen auf eine Vokabel abgestützt: Gerechtigkeit. Mindestlohn, Abschaffung von Hartz IV, Abkehr von wirtschaftsliberalen Ideen - die Gewinne der Linken decken sich zu einem Gutteil mit Verlusten der SPD. "Vor ein paar Jahren hätten wir von dem Ergebnis nur geträumt", rief Parteichef Oskar Lafontaine. "Damit ist die Linke nun in Deutschland etabliert." Und die Stimmung im Zelt kochte vollends über.

Die Grenze zum Hochmut ist bei so viel Erfolg nicht weit. Für die SPD jedenfalls hatte die Linken-Spitze einen Mix aus Mitleid und väterlichen Ratschlägen parat. Gregor Gysi empfahl dem neuen Oppositionspartner nicht weniger als eine Rebellion. "Sie muss sich resozialdemokratisieren." Im Übrigen zeige sich, was jenen blühe, die soziale Folgen von Politik negierten, setzte Gysi hinterher. "Das führt in die Katastrophe."

Lafontaine dagegen verbreitete Mitgefühl. "Dass die Sozialdemokratie so geschwächt ist, darüber kann sich niemand so richtig freuen", befand Lafontaine - der doch gerade von dieser Schwäche profitierte. Vielsagend fügte er hinzu, Deutschland brauche nun ein starkes linkes Lager. Eines, das "inhaltlich bestimmt ist, nicht von irgendwelchen Namen". Hat er eine neue Allianz im Auge?

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