Süddeutsche Zeitung

Linkspartei:Demonstration vor der eigenen Haustür

Reichlich Ärger im eigenen Laden: Linke Politiker unterstützen Proteste vor der linken Parteizentrale gegen einen linken Senator.

Von Constanze von Bullion, Berlin

In der Linkspartei kündigt sich die nächste Auseinandersetzung um die Flüchtlingspolitik an. Der Entwurf eines Einwanderungsgesetzes stieß am Sonntag auf Dissens im Bundesvorstand. Zudem gibt es Ärger, weil Linken-Politiker Proteste gegen den Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) unterstützt haben. "Ich finde es völlig absurd, wenn Mitglieder unserer Partei eine Demonstration gegen uns selbst vor der Parteizentrale unterstützen", sagte die Vize-Parteivorsitzende Caren Lay der Süddeutschen Zeitung am Montag. Sie sei froh, dass der Vorstand sich gegen den "Irrsinn" ausgesprochen habe.

Im Bundesvorstand der Linken hatten am Sonntag 18 von 30 Anwesenden dem linken Berliner Kultursenator Klaus Lederer ihren Solidarität erklärt. Was unter normalen Umständen nicht der Rede wert wäre, wurde hier zum Politikum. Lederer, der sich stets unmissverständlich von rechten Bewegungen abgegrenzt hat, war im November gegen eine Preisverleihung im senatsgeförderten Berliner Kino Babylon vorgegangen. Geehrt werden sollte der frühere RBB-Radiomoderator Ken Jebsen, dem Kritiker ungebremsten Israel-Hass, Antisemitismus und rechte Verschwörungstheorien vorwerfen. Jebsen hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen - und fand Unterstützung beim Linken-Bundestagsabgeordneten Diether Dehm und seinem Ex-Fraktionskollegen Wolfgang Gehrcke. Nach der Absage des Kinos zeichneten sie den Aufruf "Empört euch!" und forderten "konzentrierte Aktionen gegen den zerstörerischen Ungeist von Stigmatisierungen und Zensur". Über Linken-Senator Lederer ergossen sich Beschimpfungen im Netz. Am 14. Dezember nun wollen die Jebsen-Unterstützer demonstrieren, gleich bei der Linken-Zentrale und gegen Parteifreund Lederer. Auf Antrag der Vize-Bundesvorsitzenden Lay distanzierte sich der Parteivorstand von dem Vorhaben, gegen sieben Nein-Stimmen. Er fordert "klare Kante gegen Querfront", also gegen die Verbrüderung von ganz recht und ganz links. Der Bundestagsabgeordnete Dehm kündigte unterdessen an, der Demonstration fernzubleiben. "Ich hatte nie vor, da hinzugehen", sagte er. Der Antisemitismus-Vorwurf gegen Jebsen sei verfehlt. Gehrcke dagegen will zur Kundgebung. "Ich bin eingeladen, auf der Demo gegen Zensur zu sprechen", sagte er. Parteichefin Katja Kipping betonte, die Linke habe eine klare Haltung gegen Rechts, Dehm und Gehrcke müssten sich nun "erstmal erklären". Fraktionschef Dietmar Bartsch äußerte sich auf Anfrage nicht.

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SZ vom 05.12.2017
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