Linksextremismus:Indymedia bleibt verboten

Bundesgericht verhandelt Indymedia-Verbot

Verhandlungsauftakt: Die Richter des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts betreten den Saal. Rechts im Bild die Rechtsanwälte der Kläger.

(Foto: dpa)
  • Die linksradikale Plattform "Linksunten.Indymedia" bleibt weiterhin verboten. Das bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in seinem Urteil.
  • Fünf Aktivisten aus Freiburg hatten gegen das Verbot der Plattform geklagt.
  • Auf Linksunten.Indymedia wurden in der Vergangenheit mehr als 100 000 Beiträge veröffentlicht, darunter Demonstrations-Aufrufe, Diskussionsbeiträge, aber auch Bekennerschreiben nach linksextremen Angriffen.

Von Antonie Rietzschel und Wolfgang Janisch, Leipzig

Unter großen Sicherheitsvorkehrungen hat am Mittwoch ein Verfahren zum Verbot der Internetseite Linksunten. Indymedia vor dem Bundesverwaltungsgericht stattgefunden. Am Wochenende hatten hier Hunderte zunächst friedlich für Pressefreiheit demonstriert - bei der darauffolgenden Demonstration flogen Böller und Steine gegen Polizisten. An diesem Tag blieb es ruhig. Dabei dürfte das Ergebnis für Sympathisanten der Szene ernüchternd gewesen sein. Die linksradikale Internet-Plattform bleibt verboten, urteilt das Gericht am Mittwochabend.

Als Reaktion auf gewaltsame Aktionen beim G-20-Gipfel in Hamburg hatte das Bundesinnenministerium im August 2017 den weiteren Betrieb von Linksunten.Indymedia zur Straftat erklärt. Die Behörde argumentierte, gewaltbereite Linksextremisten nutzten die Plattform seit Jahren zur Verbreitung strafbarer und verfassungsfeindlicher Inhalte. Es werde öffentlich zu Gewalt gegen Polizisten und politische Gegner aufgerufen, ebenso zu Sabotage-Aktionen. "Böller gegen Bullen", so heißt es in einem der wenigen vom Ministerium veröffentlichten Beispiele. Bei seiner Entscheidung bediente sich das Bundesinnenministerium beim Vereinsrecht. Verschiedene Organisationen, darunter auch Reporter ohne Grenzen, sehen darin einen Verstoß gegen die Pressefreiheit.

Geklagt hatten nun fünf mutmaßliche Betreiber der Seite, vier Männer und eine Frau. Ihnen waren damals die Verbotsverfügungen übergeben worden. In der Verhandlung versuchten die fünf Aktivisten das Gericht zu überzeugen, dass nicht das Vereinsrecht, sondern das Telemediengesetz bei der Bewertung von Linksunten.Indymedia greifen sollte, da sich die Entscheidung des Bundesinnenministeriums auf konkrete inhaltliche Beiträge beziehe. Deren Zahl sei außerdem gering mit Blick auf das Gesamtangebot. Auf Linksunten.Indymedia wurden in der Vergangenheit mehr als 100 000 Beiträge veröffentlicht, darunter Demonstrations-Aufrufe, Diskussionsbeiträge, aber auch Bekennerschreiben nach linksextremen Angriffen. Anders als von den Anwälten und zahlreichen Beobachtern erhofft, wurde die Frage nach der Pressefreiheit jedoch nicht vor Gericht verhandelt. Stattdessen begab sich der Vorsitzende Richter Ingo Kraft mit Klägern und Beklagten in die Tiefe des Vereinsrechts. Linksunten.Indymdia sei eine Vereinigung im Sinne des Vereinsgesetzes gewesen - auch wenn es kein klassischer Verein mit Satzung und Vorstand gewesen sei. Die Kläger aus Freiburg scheiterten, weil sie sich selbst ausdrücklich nicht zu "Linksunten.Indymedia" bekannten. Sie hatten als Einzelpersonen geklagt. Grund dafür sind parallel laufende Strafverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Hätten die Kläger vor dem Bundesverwaltungsgericht zugegeben, Mitglieder einer Gruppierung zu sein, wäre das in den Strafverfahren verwertbar gewesen, sagte Anwalt Sven Adam. "Eine vollständige Überprüfung des Vereinsverbots kann nur der Verein selbst erreichen", sagte Richter Kraft nun in der Urteilsbegründung. Das Bundesverwaltungsgericht ist in erster und letzter Instanz für Klagen gegen Vereinsverbote zuständig. Die Kläger erwägen vor das Verfassungsgericht zu ziehen.

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