Linken-Politiker Lafontaine:Mit Sahra in Saarlouis

Hände schütteln, Küsschen rechts und links, Erinnerungsfotos mit Polaroid-Kamera: In Saarlouis präsentieren sich Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine den Bürgern beim Glühweintrinken. Es ist der erste gemeinsame Auftritt, seit die beiden Politiker ihre Partnerschaft öffentlich gemacht haben.

Oliver Klasen, Saarlouis

Es gibt Glühwein aus roten Pappbechern. "Echt heiß: Die Linke" steht drauf. Vor dem Bürgerbüro sind zwei rote Schirme aufgebaut, einer dieser typischen Informationsstände. Eingeladen haben die beiden Bundestagsabgeordneten Yvonne Ploetz und Thomas Lutze - nach Saarlouis, einer Kleinstadt im Saarland, 10 Kilometer von der französischen Grenze entfernt, ganz ansehnlich, aber doch Provinz.

Lafontaine und Wagenknecht in Saarlouis

Öffentlicher Auftritt: Oskar Lafontaine zeigt seiner Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht seine Geburtsstadt.

(Foto: dpa)

Es wäre normalerweise eine Politikveranstaltung der eher traurigen Sorte, mit lokalen Parteigrößen und einigen wenigen interessierten Bürgern. "Für das leibliche Wohl ist bestens gesorgt", heißt es in der Einladung. Aber die Linke hat Glück: Denn erstens ist der "Heilige Morgen" in Saarlouis so etwas wie der Höhepunkt des Jahres, ein Großereignis, zu dem die halbe Stadt sich trifft, auf der Kneipenmeile in der Altstadt, am Vormittag des Heiligen Abends, eine für Außenstehende ziemlich befremdliche Idee: zu feiern und zu trinken, bevor das Fest begonnen hat.

Zweitens ist Oskar Lafontaine gekommen, geboren in Saarlouis, ehemaliger Partei- und Fraktionsvorsitzender der Linken auf Bundesebene und einer der wenigen charismatischen Politiker der Partei. Und drittens hat er Sahra Wagenknecht mitgebracht, die Ikone des linken Parteiflügels, die Lafontaine im November als seine Partnerin vorgestellt hat.

Es ist der erste größere öffentliche Auftritt seitdem. Schon in den vergangenen Tagen waren Wagenknecht und Lafontaine beim weihnachtlichen Einkaufsbummel in Saarbrücken zu sehen, aber der Termin in Saarlouis ist die große Bühne. Das Polit-Traumpaar der Linken zum Anfassen gewissermaßen.

"Guck mal, da ist der Lafontaine mit seiner neuer Freundin", sagt eine junge Frau im Vorbeigehen. Die beiden Politiker erregen die Aufmerksamkeit des feiernden Kleinstadtpublikums. Wagenknecht und Lafontaine sind umringt von Passanten, Fotografen und Kamerateams. Eine Linken-Mitarbeiterin, auf ihrem Anorak prangt die Aufschrift "Lafonteam", macht Bilder mit einer Polaroid-Kamera. Wagenknecht muss deutlich häufiger posieren als Lafontaine. Während sich auf dem weißen Fotopapier die Konturen der Personen abzeichnen, signiert sie das Erinnerungsfoto.

Es ist, wie man so sagt, ein Bad in der Menge: Händeschütteln, Küsschen rechts, Küsschen links, Fotos immer wieder zwischendrin. Aus der Shisha-Bar gegenüber dringt lärmende Techno-Musik. Geduldig nimmt Wagenknecht die Sympathiebekundungen der Saarländer in Empfang. Sehr elegant wirkt sie in ihrem schwarzen Mantel mit Zierkragen aus samtartigem Stoff. Das fällt auf in Saarlouis, wo die Frauen gerne legere Freizeitkleidung tragen.

Offizielle Reden gibt es nicht, ein paar wenige politische Aussagen schon. Es sind die altbekannten Positionen der Linken. Die Bundeswehr müsse sofort aus Afghanistan abziehen, sagt Lafontaine, und die Europäische Zentralbank solle direkte Kredite an Schuldenstaaten wie Griechenland vergeben, um die Macht der Banken und der Ratingagenturen zu brechen. Auch Wagenknecht geißelt die Macht des Finanzsektors und hofft, dass 2012 alles besser wird.

Neue Parteiführung im Juni

Sinkende Umfragewerte, enttäuschende Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, außerdem mit Gesine Lötzsch und Klaus Ernst zwei in weiten Teilen der Partei als glücklos geltende Vorsitzende - das vergangene Jahr war alles andere als erfolgreich für die Linke. Auch in Zukunft drohen Personaldebatten, im Juni soll eine neue Parteiführung gewählt werden. Bodo Ramelow, der Fraktionsvorsitzende der Linken in Thüringen, hat in der Frankfurter Rundschau ein breites Personaltableau vorgeschlagen, aus dem dann eine Doppelspitze gewählt werden soll.

Die bisherigen Vorsitzenden Lötzsch und Ernst sollen dazugehören, außerdem Gregor Gysi, der Chef der Bundestagsfraktion, sein Vize Dietmar Bartsch und eben das Duo Lafontaine und Wagenknecht.

In Saarlouis sind solcherlei Führungsdebatten weit weg. Wagenknecht sagt, sie halte nichts davon, jetzt schon so viele Kandidaten zu inflationieren. Lafontaine sagt, er halte alle Personaldebatten derzeit für "Quatsch", das wolle er nicht von sich aus anheizen. Im kleinen Kreis soll er allerdings bereits vor Monaten signalisiert haben, dass er bereit wäre, notfalls selbst als Parteichef anzutreten, sollte sich kein für alle Parteiflügel akzeptables Führungsduo finden.

Wagenknecht lächelt milde

Es ist viertel nach zwölf an diesem Heiligen Morgen, als Lafontaine langsam zum Aufbruch drängt. Kurz begrüßt er noch zwei Vertreter der französischen Linkspartei, die er extra nach Saarlouis eingeladen hat, dann verabschiedet er sich.

Ein Linken-Sympathisant will mit seinem Handy noch schnell ein Foto machen, mit Sahra und Oskar und einigen anderen Lokalpolitikern. Einer hält noch den roten Glühweinbecher in der Hand. Der Fotograf dreht ihn so, dass man die Schrift lesen kann: "Echt heiß, die Linke." Sahra Wagenknecht lächelt milde und es wirkt so, als ob die meisten der Anwesenden glauben, dass dieser Slogan tatsächlich stimmt.

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