Linken-Führungskrise:"Jetzt reicht's!"

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Persönliche Beschimpfungen waren an der Tagesordnung, nun wollen Mitglieder des Linken-Parteivorstandes auf einer Sondersitzung ein Ende des Führungsstreits erzwingen. Parteichef Klaus Ernst reist eigens aus dem Urlaub an - und zieht ein Interview mit der SZ kurz vor Drucklegung zurück.

Daniel Brössler, Berlin

Die Führung der Linken will an diesem Mittwoch über Wege aus der chaotischen Situation der Partei beraten. Der geschäftsführende Parteivorstand kommt in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen, zu der Parteichef Klaus Ernst eigens aus dem Urlaub anreist. Führende Mitglieder hatten sich in den vergangenen Tagen teils persönlich beschimpft.

Parteichef Klaus Ernst will den Kurs der Linken beibehalten. (Foto: dpa)

Ein Interview mit der Süddeutschen Zeitung, in dem er sich über die Lage der Partei äußerte, zog Ernst in einem ungewöhnlichen Vorgang am Dienstag kurz vor Drucklegung zurück. In dem Gespräch lehnte er Forderungen ab, seine Kritik an Funktionären der Partei mit konkreten Namen zu unterlegen. Er sprach sich dafür aus, den Kurs der Linken klar beizubehalten. Zuletzt hatte es Forderungen nach einer stärker ökologischen Ausrichtung gegeben.

Mitglieder des Parteivorstands äußerten die Ansicht, die Führungsdebatte werde nun beendet. "Jetzt reicht's", sagte Bundesvorstandsmitglied Heinz Bierbaum der Nachrichtenagentur dpa. Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion der saarländischen Linken sagte, die Partei müsse deutlicher machen, dass sie für eine grundsätzliche Neuausrichtung der Politik und die Betonung des Sozialen stehe. Die Personaldiskussion könnte aber laut Bierbaum nach der Bürgerschaftswahl in Bremen am 22. Mai wieder aufflammen. "Wenn sich die Situation noch mal zuspitzen sollte, könnte sich die Frage nach einer Übernahme des Parteivorsitzes durch Oskar Lafontaine neu stellen", sagte er.

"Eine neue politische Kultur der Auseinandersetzung" forderten in einem gemeinsamen Aufruf die Fraktionschefs der Linken in zwei ostdeutschen und zwei westdeutschen Landtagen. "Politische Stärke erweist sich nicht im internen Schlagabtausch und Machtkampf, politische Stärke zeigt sich besonders in der Fähigkeit, aus schwierigen Situationen herauszufinden", heißt es in dem Aufruf aus Niedersachsen, Brandenburg, Hessen und Thüringen.

Schon seit Monaten schwelende Auseinandersetzungen waren in der Linkspartei nach den Misserfolgen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eskaliert. In beiden Ländern misslang der Einzug in die Landtage. Teile der Partei warfen den Vorsitzenden Klaus Ernst und Gesine Lötzsch vor, daraus nicht die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Ernst beklagte wiederum "Selbstbeschäftigung und Querelen" in der Linken. Ein "harter Kern" von Funktionären und Mandatsträgern arbeite gegen die Führung.

Schatzmeister Raju Sharma trat am Dienstag erneut Berichten über eine finanzielle Notlage entgegen. "Die Finanzen der Partei waren, sind und bleiben gesund", erklärte er. Die Linke sei finanziell gut aufgestellt, obwohl sie keinerlei Großspenden von Unternehmen erhalte. Die Generalrevision des Finanzplans sei kein Anzeichen für finanzielle Probleme.

© SZ vom 20.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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