Linke im Visier des Verfassungsschutzes:Oskar Lafontaine wütet gegen die CSU

Mit drastischer Kritik schaltet sich Linken-Politiker Lafontaine in den Streit um die Beobachtung seiner Partei durch den Verfassungsschutz ein. Der frühere Linken-Vorsitzende beklagt im Gespräch mit der SZ "Polizeistaatsmethoden wie in einer Bananenrepublik". Der CSU wirft er Verfassungsbruch und Korruption vor: Sie lasse sich "von Reichen schmieren".

Oliver Das Gupta

Lange hat Oskar Lafontaine geschwiegen zur Beobachtung seiner Partei durch den Verfassungsschutz. Nun hat sich der Saarländer mit drastischen Worten in die Debatte um das Vorgehen des Geheimdienstes eingeschaltet.

Oskar Lafontaine, Chef der Linksfraktion im Saarland

Oskar Lafontaine, Fraktionsvorsitzender der saarländischen Linken, bei einer Rede in Erfurt.

(Foto: dpa)

"Das sind Polizeistaatsmethoden wie in einer Bananenrepublik", sagte Lafontaine zur Süddeutschen Zeitung. Der Linken-Fraktionschef im Saarbrücker Landtag verglich die Situation mit den Zuständen unter dem "von der CSU hofierten" Diktator Augusto Pinochet, der in Chile zwischen 1973 bis und 1990 geherrscht hat.

Seit der Umfang der Beobachtung der Linken vergangene Woche bekannt wurde, herrscht Entrüstung in der Partei. In manchen Bundesländern wie Niedersachsen observiert der Inlandsgeheimdienst die Linke mit nachrichtendienstlichen Mitteln. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt verschärfte den Ton noch und forderte ein Verbotsverfahren gegen die Linke wegen verfassungsfeindlicher Tendenzen. Lafontaine attestierte Dobrindt "autoritäre Denkstrukturen".

Lafontaine sagt, die CSU lasse sich "von Reichen schmieren"

Es sei die CSU, die sich "klar verfassungsfeindlich" verhalte, weil sie permanent gegen den Artikel 123 der Bayerischen Verfassung verstoße, behauptete der 68-jährige Sozialist. Dort ist in Absatz 3 formuliert: "Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern".

Lafontaine warf der CSU vor, das Gegenteil zu tun, "weil sie sich von Reichen wie Quandt und von Finck schmieren lässt".

Die CSU-Minister, die der Erbschaftssteuersenkung zustimmten, leisteten beim Schwur auf die Verfassung des Freistaats einen Meineid, so Lafontaine.

Hotel-Unternehmer August Baron von Finck (Mövenpick) spendete der CSU in den vergangenen Jahren in Millionenhöhe. Die Unternehmerfamilie Quandt (BMW) spendete der CSU, aber auch anderen Parteien größere Beträge. Zudem stellt BMW Parteien kostenlos einen großen Teil ihres Fuhrparks. Die Linke macht von diesem Angebot keinen Gebrauch.

Leutheusser-Schnarrenberger: Linke-Verbot "völlig abwegig"

Entschieden widersprach Lafontaine nun dem Vorwurf, in seiner Partei gebe es verfassungs- oder judenfeindliche Tendenzen. "Eine Partei, die sich auf Karl Marx und Rosa Luxemburg beruft und Gregor Gysi in ihren Reihen hat, kann niemals antisemitisch sein", sagte Lafontaine mit Blick auf die jüdische Herkunft der Genannten.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, 2011

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesministerin der Justiz und stellvertretende FDP-Vorsitzende

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Er stellte in Frage, ob ein Dokument, das im Frühjahr 2011 auf der Internetseite der Linken in Duisburg aufgetaucht war, tatsächlich von Linken-Mitgliedern verfasst worden war. "Wer weiß, ob dieses Flugblatt nicht von einem V-Mann des Verfassungsschutzes stammt", sagte Lafontaine. Darin war der Davidstern mit einem Hakenkreuz abgebildet und von einer angeblichen "moralischen Erpressung durch den sogenannten Holocaust" die Rede.

Die Linke-Vorsitzende Gesine Lötzsch warf der Union vor, mit der Beobachtung von Bundestagsabgeordneten ihrer Partei durch den Verfassungsschutz Wahlen beeinflussen zu wollen. "Der Verfassungsschutz wird von der CDU und der CSU politisch gegen uns instrumentalisiert", sagte Lötzsch der Badischen Zeitung. Dies sei undemokratisch. Ihre Partei stehe auf dem Boden des Grundgesetzes, sagte Lötzsch. "Sie gehört zu denen, die das Grundgesetz am entschiedensten verteidigen". Die Parteichefin erklärte, sie glaube, dass mit der Beobachtung die Bevölkerung langfristig verunsichert werden solle.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) legte in einem Interview nach. Teile der Linkspartei stünden in engem Kontakt mit der als Terrororganisation eingestuften kurdischen PKK. In diesen Fällen müsse die Aufklärung des bayerischen Verfassungsschutzes über die Auswertung frei zugänglicher Quellen hinausgehen, sagte Herrmann der Nürnberger Zeitung. So etwas müsse "etwas intensiver beobachtet" werden. Details nannte Herrmann nicht. Dobrindts Überlegung, auch ein Verbotsverfahren gegen die Linke zu erwägen, sieht Herrmann distanziert: "Mir geht es jetzt darum, dass die NPD verboten wird, und darauf konzentrieren wir uns."

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) erneuerte hingegen ihre Kritik an der Beobachtung von Linke-Abgeordneten. Das von Dobrindt thematisierte Verbot der Linkspartei nannte die Liberale "völlig abwegig". Im Bonner General-Anzeiger wandte sie sich entschieden gegen Bestrebungen aus der Union, "Rechts- und Linksextremismus gegeneinander auszuspielen".

Justizministerin gegen Gleichsetzung von NPD und Linkspartei

Eine Gleichsetzung von Linke und NPD, so Leutheusser-Schnarrenberger, sei unangemessen. Die rechtsextreme Partei habe ein Programm, das sich durch und durch gegen unsere Verfassung richtet. "Innerhalb der Linken gibt es Gruppierungen, die Bestandteile unserer Verfassung in Frage stellen", sagte die stellvertretende FDP-Chefin: "Das sollten wir sauber unterscheiden, gerade wenn es darum geht, gewählte Abgeordnete zu überwachen."

Neben Leutheusser-Schnarrenberger hatten sich schon zuvor Vertreter der anderen im Bundestag vertretenen Fraktionen kritisch zur Beobachtung der Linken durch den Verfassungsschutz geäußert. Oskar Lafontaine reicht das aber nicht: "Bislang sind das nur Worte - mich interessieren Handlungen", sagte er der SZ. "Dort, wo diese Parteien regieren, ob im Bund oder in den Ländern, wird die Linke vom sogenannten Verfassungsschutz beobachtet."

Lafontaine tritt für seine Partei als Spitzenkandidat bei der Neuwahl des saarländischen Landtags am 25. März an. Die Linke ist drittstärkste politische Kraft im Land. 2009 erhielt sie mit Lafontaine 21,3 Prozent der Stimmen.

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