Zufälligerweise zur gleichen Zeit, als die Minsker Verhandlungen über eine Waffenruhe liefen.
Leider habe es keinen anderen Weg als den über Russland gegeben, erklärten Gehrcke und Hunko vergangene Woche. Darum seien sie erst nach Rostow am Don gefahren, hätten für das Geld Medikamente gekauft, vier LKW beladen und sich dann über die Grenze Richtung Donezk aufgemacht.
Und ja, sie hätten dort auch die "örtlichen Autoritäten" getroffen. Gemeint ist vor allem Separatistenführer Alexander Sachartschenko. Aber Separatist sagen Gehrcke und Hunko nicht gerne. Sie sagen lieber Machthaber oder Aufständische. Klingt netter.
Das Problem ist, dass die Separatisten sich mit den beiden deutschen Abgeordneten haben ablichten lassen und das Foto jetzt im Propagandakrieg eingesetzt wird. "Seit Beginn der Kampfhandlungen ist das die erste humanitäre Mission unter Beteiligung von Vertretern der Europäischen Union", heißt es dazu auf der Seite von "novorussia.su".
Das seien sie natürlich nicht, räumte Hunko ein. Im Übrigen könne man "immer instrumentalisiert werden" in Konflikten wie diesem. Es sei überdies nicht Ziel der Reise gewesen, mit Sachartschenko zu sprechen, sagte Hunko jetzt der SZ. "Aber wir haben uns im Vorfeld darauf verständigt, dass wir einem Gespräch nicht aus dem Weg gehen würden." Und: "Ich lehne es ab, dass daraus eine politische Nähe konstruiert wird." Im Vordergrund habe gestanden, sich ein Bild "von den örtlichen Gegebenheiten und den zentralen Akteuren" zu machen.
Was noch nicht erklärt, warum sie sich hernach auf eine Spritztour zu Sachartschenkos Wohnhaus haben einladen lassen.
Michael Leutert, einer der wenigen Außenpolitiker vom Reformerflügel der Linken, ist entsetzt. "Den Kollegen fehlt offenbar jedes Fingerspitzengefühl", sagt er zu SZ.de. Andere aus seiner Fraktion wollen sich auf Nachfrage lieber gar nicht mehr zu der Reise äußern.
Es geht auch um die Haltung der Linken zur Ostukraine und zur Annexion der Krim. Die von Fraktionschef Gregor Gysi vorgegebene Linie ist eindeutig: Das Völkerrecht gilt für alle. Also auch für Russland. Diese Linie aber durchbrechen Abgeordnete der Linken wie Gehrcke und Hunko, wenn sie im Donbass die Separatisten hofieren.
Wer prägt die Linien der Außenpolitik in der Linken?
Es ist eben nicht ganz klar, wer in der Linken die großen Linien der Außenpolitik prägt. In die wichtigen Sprecherposten hat die Fraktion Leute wie Gehrcke, Hunko, Buchholz oder auch die Sprecherin für Internationale Beziehungen, Sevim Dagdelen, gewählt. Letztere wettert im russischen Propaganda-Sender RT gegen die deutsche Regierung, die EU und die USA. Auf Twitter gehört das Thema Ukraine zu ihren Topthemen.
Auf der anderen Seite der um Ausgleich bemühte Fraktionschef Gregor Gysi. Er hat kürzlich befunden, dass die Außenpolitik gar nicht so sehr das Feld sei, auf dem die Unterscheide zu Rot und Grün besonders groß seien. Er sehe diese eher in der Umverteilungsfrage.
Christine Buchholz wird gefragt, was sie denn von Gysis Analyse halte. "Ich finde das Quatsch", sagt sie. Es gebe sowohl in der Sozial- wie auch der Sicherheitspolitik "Unvereinbarkeiten". Die SPD müsse "schon eine gewaltige Veränderung einleiten" damit es zu einer Koalition kommen könne. Aber sie habe eben "keine 100-prozentige Kontrolle darüber", was Gysi in Interviews sage. Und er auch nicht über das, was sie in Interviews sage.
Buchholz spricht damit die Vielstimmigkeit der Linken in der Außenpolitik an - damit dürfte sie das Grundproblem der Partei hinreichend beschrieben haben.