In der FDP gibt es wenigstens kurz wieder etwas zu lachen. Marco Buschmann steht zum ersten Mal als Generalsekretär auf der Bühne in der Parteizentrale und muss erklären, was sein Chef Christian Lindner meinte, als der im Fernsehen sagte, Deutschland solle „ein klein bisschen mehr Milei oder Musk wagen“, und somit den umstrittenen Präsidenten Argentiniens, Javier Milei, und den umstrittenen Unternehmer Elon Musk als Vorbilder nannte.
Das sei doch ein guter Gedanke des Chefs angesichts der Lage, findet Buschmann, denn der Staat habe sich in vielen Bereichen verzettelt. Das müsse man korrigieren. „Das ist auch, was, glaube ich, Christian Linder zum Ausdruck bringen wollte, wenn er Herrn Milei anspricht“, sagt Buschmann und stellt klar: „Die Idee ist jetzt nicht, dass ich mir wirre Haare wachsen lasse und mit einer Kettensäge hier demnächst durch Berlin-Mitte laufe.“ Da muss sogar Christian Lindner, der neben ihm auf der Bühne steht, schmunzeln.
Lindner wirft SPD und Grünen vor, die Liberalen vernichten zu wollen
Das ist also die neue Arbeitsteilung in der FDP-Zentrale: Christian Lindner bleibt der fast schon ewige Parteichef, der mit spitzen Aussagen Aufmerksamkeit erregen will. Sein Vertrauter Marco Buschmann übernimmt das Amt des Generalsekretärs und damit nun auch die Aufgabe zu erklären, was Lindner denn mit dieser oder jener Bemerkung gemeint habe.
In der Einführungsvorlesung lernen Politik-Studenten, dass ein Generalsekretär zuständig ist für die Attacken auf den politischen Gegner, damit der Parteichef sich davon abgrenzen und staatsmännisch wirken kann. Die FDP probiert es andersherum: Oberster Wahlkämpfer ist Christian Lindner, und Generalsekretär Buschmann steht staatsmännisch mit Krawatte neben ihm und liefert den intellektuellen Kontext, wie ein Zitat von Lindner zu interpretieren sei.
Die Attacke auf den politischen Gegner kommt an diesem Montagnachmittag somit von Lindner. Er wirft SPD und Grünen vor, die Liberalen vernichten zu wollen. „Es geht darum, die FDP zu zerstören, damit danach die eigenen Machtoptionen für SPD oder Grüne verbessert werden.“ Buschmann spricht kurz vorher ganz anders über konkurrierende politische Lager: wertschätzend. Die Landesfahne sei Schwarz-Rot-Gold, weil das konservative Denken, das soziale Denken, aber immer auch das liberale Denken zur deutschen Erfolgsgeschichte gehöre.
Seit der „D-Day“-Affäre sind die Ziele der FDP im Wahlkampf kleiner geworden. Direkt nach dem Ampelbruch hatte Lindner noch optimistisch-munter vorgegeben, die Liberalen wieder zu einem zweistelligen Ergebnis zu führen, und sich selbst als nächster Finanzminister unter CDU-Chef Friedrich Merz beworben. Von dieser Aufbruchstimmung ist nichts mehr zu spüren, jetzt geht es ums Überleben.
Beide sind fast gleich alt, ticken taktisch und strategisch ähnlich
Als Ziel nennt Lindner jetzt nur noch, dass es nach der Wahl „eine starke FDP im Bundestag“ geben solle. Und er spricht auch öffentlich über das Szenario, das er vor Kurzem noch gar nicht diskutieren wollte: „Ohne die FDP im Bundestag gibt es geradezu eine Regierungsgarantie entweder für SPD oder für die Grünen.“
Buschmanns Mission sei nun ein „Comeback“. Bei aller Rollenteilung haben Lindner und er vieles gemeinsam. Die beiden fast gleich alten Männer aus Nordrhein-Westfalen ticken taktisch und strategisch ähnlich. Offiziell wird Buschmann erst auf dem nächsten Parteitag gewählt, aber es gibt keinen Zweifel, dass er in der Lindner-FDP schon mit vollem Mandat arbeitet.
In der Partei war spekuliert worden, ob eine andere Personalie als Buschmann auch möglich gewesen wäre - jemand, dem nicht der Ampelmief eines Ex-Ministers hinterherhängt, vielleicht sogar jemand, der nicht eine so starke Nähe zu Lindner hat wie Buschmann. Diese Erwägungen schickt der Parteichef mit freundlichen Grüßen nach Hause, denn er sagt über Buschmann: „Er ist für mich die einzig denkbare Option gewesen, in diesen Zeiten dieses Amt zu übernehmen.“
Buschmann steht loyal zu Lindner, als er gefragt wird, ob er als Generalsekretär nicht zu nah an Lindner sei, um ihn im Fall der Fälle aus dem Amt zu drängen. Die Vorstellung, dass es überhaupt dazu kommen könnte, findet Buschmann offenkundig abwegig, denn er zählt auf, was die FDP an Lindner habe: „Andere Parteien würden sich wünschen, einen so erfahrenen und motivierten Wahlkämpfer zu haben“, sagt Buschmann. Wegen der „D-Day“-Affäre habe er mit den Beteiligten in der FDP-Zentrale gesprochen, seine eigenen Aufzeichnungen geprüft und seine Erinnerungen durchgegangen. Sein Fazit: „Ich weiß ich nicht, woher Zweifel an Christian Lindner rühren sollten.“
Als der Parteichef und sein neuer Generalsekretär ihre Stehpulte verlassen, schütteln sie noch vor den Kameras die Hände. Lindner klopft Buschmann auf den Oberarm.