Sozialleistungen:Lindner will beim Bürgergeld sparen

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Bye-Bye Bürgergeld: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erwägt, Geflüchteten aus der Ukraine einen neuen Rechtsstatus zu geben. (Foto: Liesa Johannssen/Reuters)

Der Finanzminister schlägt vor, für Miete und Nebenkosten nur noch Pauschalen anzusetzen. Auch Flüchtlingen aus der Ukraine will er Leistungen streichen.

Der Staat soll nach einem neuen Vorstoß von FDP-Chef Christian Lindner bei den Wohnkosten für Menschen im Bürgergeld sowie bei den geflüchteten Ukrainern Milliarden einsparen. So will Lindner, dass Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger ihre Wohnkosten künftig pauschal und nicht nach tatsächlichen Kosten erstattet bekommen. „Dann können die Leistungsempfänger entscheiden, ob sie eine kleinere Wohnung beziehen und wie sie heizen“, sagte der Bundesfinanzminister der Zeitschrift Wirtschaftswoche: „Ich glaube, dass wir hier Milliarden Euro einsparen können.“ Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ließ dazu ausrichten, er habe „die Äußerung des Finanzministers zur Kenntnis genommen“. Weiter sagt Scholz’ Sprecher Steffen Hebestreit: „Aber dazu gibt es im Augenblick keine übergeordneten Planungen innerhalb der Bundesregierung.“

Derzeit übernehmen die Kommunen in bestimmten Grenzen die Kosten für Kaltmiete und Heizung sowie die Betriebskosten von Bürgergeldbeziehern und deren Familien; dabei unterstützt sie der Bund. Von den 2,94 Millionen Bedarfsgemeinschaften, also in der Regel zusammenwohnende Familien, werden derzeit bei 2,73 Millionen die Kosten der Unterkunft anerkannt – Kostenpunkt: 1,77 Milliarden Euro. Pro Bedarfsgemeinschaft werden im Schnitt 650 Euro bezahlt, pro Quadratmeter im Schnitt 11,82 Euro. Die Kommunen regeln, was lokal angemessen ist. Die Jobcenter setzen das um.

2,7 Millionen Ausländer beziehen Bürgergeld

Sparmöglichkeiten sieht Lindner auch bei den Leistungen für Flüchtlinge aus der Ukraine. „Wir sollten für die aus der Ukraine Geflüchteten einen eigenen Rechtsstatus erwägen“, schlug er vor. Dieser solle die Leistungen für Asylbewerber mit arbeitsmarktpolitischen Instrumenten kombinieren, die für Bürgergeldempfänger gedacht sind. „Ukrainer müssen wegen des Krieges in ihrer Heimat nicht eigens ein Asylbewerberverfahren durchlaufen“, erläuterte Lindner. „Sie sollten aber auf der anderen Seite nicht gleich ein Bürgergeld erhalten, das auf ein sozioökonomisches Existenzminimum mit gesellschaftlicher Teilhabe auch ohne Arbeit ausgerichtet ist.“

Ukrainische Kriegsflüchtlinge erhalten derzeit in der Europäischen Union grundsätzlich Schutz gemäß der sogenannten Massenzustromrichtlinie der EU, die vorerst bis März 2026 gilt. Flüchtlinge aus der Ukraine müssen daher kein Asylverfahren durchlaufen und erhalten in Deutschland Bürgergeld – Alleinstehende zum Beispiel 563 Euro pro Monat. Asylbewerberinnen und Asylbewerber, über deren Asylanträge noch nicht entschieden wurde, bekommen dagegen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 460 Euro pro Monat.

Im Mai 2024 waren nach aktuellen Angaben der Bundesagentur für Arbeit etwa 529 000 Ukrainerinnen und Ukrainer als erwerbsfähig bei den Jobcentern gemeldet und berechtigt, Bürgergeld zu beziehen. Insgesamt ist die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer mit Bürgergeld in den vergangenen Jahren deutlich auf zuletzt 2,7 Millionen gestiegen – das sind etwa 48 Prozent aller Empfänger.

Experten etwa des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) verteidigen dennoch die „nachhaltige Strategie“, die Menschen zunächst Deutsch lernen zu lassen und sie zu qualifizieren, statt sie so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu bringen. Laut IAB gehen im laufenden Jahr pro Monat doppelt so viele Ukrainerinnen und Ukrainer aus der Arbeitslosigkeit in Jobs wie im Vorjahr.

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