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Linksextremismus:Mehr als fünf Jahre Haft für Lina E.

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Nach Auffassung der Richter gehörte die Studentin einer Gruppe an, die Überfälle auf Mitglieder der rechten Szene begangen hat. Auch ihre Mitangeklagten werden verurteilt. Nach dem Urteil wird es laut im Saal.

Die Linksextremistin Lina E. muss fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Das Oberlandesgericht Dresden verurteilte die 28-Jährige unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, zum Teil in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Gegen ihre drei Mitangeklagten Lennart A., Jannis R. und Jonathan M. wurden Haftstrafen zwischen zweieinhalb Jahren und drei Jahren und drei Monaten verhängt.

Die aus Kassel stammende Studentin sitzt bereits seit etwa zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft. In linken Kreisen wird sie als Heldin verehrt. Das Urteil wurde im Gerichtssaal von etwa 100 Unterstützern der Angeklagten verfolgt. Sie hatten Lina E. und die drei Mitangeklagten mit Applaus und Sprechchören empfangen und minutenlang gefeiert. Nach dem Urteil wurde der Prozess kurzzeitig wegen Unruhe unterbrochen. Zuschauer protestierten gegen den Richterspruch und riefen "Faschofreunde" und "Scheiß Klassenjustiz".

Die Staatsschutzkammer blieb unter den Strafanträgen der Bundesanwaltschaft, die acht Jahre Haft für Lina E. gefordert hatte. Neben der Bildung einer kriminellen Vereinigung warf sie ihr auch gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung und räuberischen Diebstahl vor.

Die Gruppe um Lina E. überfiel nach Überzeugung der Anklage zwischen 2018 und 2020 nicht nur echte oder vermeintliche Rechtsextreme. Die Attacken hätten sich nicht nur gegen die Betroffenen gerichtet, sondern seien ein Angriff auf den Rechtsstaat als Ganzes. Ausschlaggebend für die Vereinigung seien eine militante linksextremistische Ideologie und die Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols.

Die Verteidigung hatte dagegen Freisprüche in fast allen Anklagepunkten gefordert. Sie sah weder eine kriminelle Vereinigung am Werk, noch hielt sie die konkrete Tatbeteiligung für nachgewiesen. Das Verfahren sei von Anfang an politisiert gewesen, E. zudem vorverurteilt worden. Sie saß als einzige Angeklagte in Untersuchungshaft.

Vor Gericht hatte ein Aussteiger aus der linken Szene als Kronzeuge ausgesagt und vor allem Lina E. belastet. Die Beschuldigten schwiegen zu den Vorwürfen und machten jedoch Angaben zur Person. Nur E. ergriff beim "letzten Wort" die Chance und bedankte sich bei ihren Eltern, Angehörigen, allen Unterstützern und Verteidigern. Zu diesem Zeitpunkt war ihr das mögliche Strafmaß schon bekannt. Für diesen Mittwoch sind mehrere Antifa-Demonstrationen angekündigt. Für Samstag gibt es einen bundesweiten Protestaufruf.

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