Libysche Ausbildungsgesuche an Berlin:Gaddafi-Sohn bat Steinmeier 2006 um Hilfe

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Hochkarätige Gesandte des libyschen Staatsführers Muammar el Gaddafi sind mehrfach in Berlin vorstellig geworden, um deutsche Hilfe bei Polizei-Schulungen zu erbitten. Die Deutschen winkten damals ab -und betonen heute die Wichtigkeit von "ordentlich ausgebildeter Polizei in Libyen".

Offizielle Vertreter des libyschen Revolutionsführers Muammar el Gaddafi haben bei der Bundesregierung in den vergangenen Jahren mehrfach praktische Hilfe bei der Ausbildung von Polizeieinheiten erbeten.

Seit 2005 Außenminister: Frank-Walter Steinemeier (SPD) (Foto: Foto: Getty)

Es hätten mehrere Treffen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier stattgefunden, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Wochenende in Berlin. Auch habe es solche Begegnungen mit Steinmeier in seiner vorigen Position als Kanzleramtschef gegeben.

Innen-Staatssekretär August Hanning bestätigte ein Treffen des Sohns Gaddafis mit Steinmeier und ihm im Jahr 2006: "Libyen hat uns gebeten, bei der Ausbildung der Polizei zu helfen."

Nach übereinstimmenden Medienberichten lehnte die Bundesregierung trotz des libyschen Drängens eine staatliche Beteiligung an der Ausbildung aber ab. Auch Regierungssprecher hatten betont, es habe keine Zusammenarbeit gegeben.

In den vergangenen Wochen war bekanntgeworden, dass Dutzende deutsche Polizisten in Libyen auf eigene Rechnung Sicherheitskräfte ausgebildet haben. Gegen mehrere aktive und ehemalige Beamte laufen Disziplinarverfahren. Gegen ein früheres Mitglied eines Spezialeinsatzkommandos ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat.

Struck: Ausbildungshilfe nicht zu beanstanden

Hanning sagte, bei dem Treffen mit Gaddafis Sohn, Saif al-Islam, sei es um die Ausbildung der Polizei allgemein, aber auch um die Ausbildung von Spezialkräften für Geiselbefreiungen gegangen. "Bei so vielen deutschen Wüstentouristen brauchen wir eine ordentlich ausgebildete Polizei in Libyen", sagte er der Bild am Sonntag.

SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte, an der Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte durch deutsche Polizisten und Soldaten sei nichts zu beanstanden. Es sei gut, "dass wir mit einem Staat wie Libyen zusammenarbeiten - auch im Kampf gegen internationalen Terrorismus", sagte er demselben Blatt. Jeder Staat, der sich bereit erkläre, gegen den internationalen Terrorismus zu kämpfen, müsse deutsche Unterstützung bekommen.

Der Focus berichtete, schon im Herbst 2004 habe der Chef des libyschen Auslands-Geheimdienstes den damaligen Kanzleramtschef Steinmeier um Hilfe gebeten. In seiner Zeit als Außenminister seien schließlich 2006 der Sohn Gaddafis und Libyens Botschafter in Berlin vorstellig geworden.

Ein Ministeriumssprecher widersprach der Darstellung des Magazins, es habe in den Gesprächen eine Verknüpfung mit den Verhandlungen über eine Entschädigung der Opfer des Anschlags auf die Berliner Diskothek "La Belle" im Jahr 1986 gegeben. In den Anschlag mit drei Toten und 230 Verletzten war der libysche Geheimdienst verwickelt gewesen.

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