Überschwemmungen in Libyen:Anklagen und Festnahmen wegen gebrochener Staudämme

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Dieses von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) zur Verfügung gestellte Foto zeigt eingestürzte Gebäude in Darna. (Foto: Ärzte ohne Grenzen/dpa)

Nach der verheerenden Katastrophe in der libyschen Küstenstadt Darna hat die Staatsanwaltschaft gegen 16 Beschuldigte Anklage erhoben. Der suspendierte Bürgermeister muss in U-Haft.

Zwei Wochen, nachdem in Libyen bei schweren Überschwemmungen tausende Menschen starben, sind 16 Menschen angeklagt worden. Sie stehen im Zusammenhang mit dem Kollaps der beiden Dämme in den Bergen nahe der Stadt Darna. Die Vertreter von regionalen sowie landesweit arbeitenden Behörden waren laut Anklage unter anderem für die Wartung der Dämme im Land verantwortlich. Darunter sind ein früherer Vorsitzender der Behörde für Wasservorräte, der Leiter von Libyens Staudamm-Behörde und der inzwischen suspendierte Bürgermeister der besonders stark betroffenen Stadt Darna, Abdel Munim al-Ghaithi. Er und sieben weitere Beschuldigte kamen in Untersuchungshaft.

Staatsanwalt Al-Siddik al-Sur hatte die Ermittlungen zur Katastrophe vor anderthalb Wochen angekündigt. Diese soll klären, wie die beiden Dämme in der Nacht zum 11. September nach schweren Regenfällen während des Sturms Daniel kollabieren konnten. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bisher rund 4000 Todesopfer identifiziert, mehr als 8000 werden vermisst. Das Notfallkomitee der Regierung im Osten bezifferte die Zahl der Toten am Sonntag auf 3800.

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Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen warnten vor der Katastrophe immer wieder, dass die Dämme nicht gut instand gehalten sind und dringend gewartet werden müssen. Gelder, die dafür von den Regierung bereit gestellt worden sein sollen, wurden offenbar nie dafür eingesetzt. Zusätzlich sind die Böden in der Region infolge des Klimawandels zu trocken und können nicht mehr so viel Wasser aufnehmen.

Darnas Bürgermeister Al-Ghaithi wird vorgeworfen, seine Macht missbraucht und Gelder verschwendet zu haben, die für Wiederaufbau und Entwicklung der Stadt vorgesehen waren. Anderen Angeklagten von den Wasser- und Staudammbehörden wird die falsche Ausführung von Verwaltungs- und finanziellen Aufgaben sowie Fahrlässigkeit bei den Vorkehrungen für Katastrophen vorgeworfen.

In dem Konfliktstaat Libyen ringen zwei schwache, verfeindete Regierungen im Westen und Osten um die Macht. Nach dem Sturz und Tod von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 war ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Den Osten des Landes, wo das Unwetter am schlimmsten war, kontrolliert der Warlord Khalifa Haftar. In Tripolis ist der Sitz der von den Vereinten Nationen anerkannten Regierung unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba.

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