Nordafrika:Libyens international anerkannter Regierungschef kündigt Rücktritt an

International anerkannter Regierungschef Libyens will zurücktrete

Nach andauernden Protesten hat Regierungschef Fajis al-Sarradsch seinen Rücktritt angekündigt.

(Foto: dpa)

Er wolle seine Pflichten "spätestens Ende Oktober" abgeben, sagt Fajis al-Sarradsch. In dem Bürgerkriegsland gibt es seit Wochen Proteste gegen die Regierung. Die Vereinten Nationen und Deutschland planen einen neuen Schlichtungsversuch.

Nach andauernden Protesten gegen die Regierung hat der Chef der international anerkannten libyschen Regierung, Fajis al-Sarradsch, seinen Rücktritt angekündigt. "Ich erkläre allen meinen aufrichtigen Wunsch, meine Pflichten spätestens Ende Oktober zu übergeben", sagte al-Sarradsch am Mittwochabend in einer Fernsehansprache. Das politische Klima in Libyen befinde sich in einem Zustand starker Polarisierung, der alle Versuche, die Krise zu lösen, äußerst schwierig mache.

In der Hauptstadt Tripolis und anderen Städten war es in den vergangenen Wochen immer wieder zu Protesten gegen Korruption und die sich verschlechternden Lebensumstände gekommen. Hunderte Demonstranten hatten politische Reformen in dem nordafrikanischen Land gefordert. Sie kritisierten auch die andauernde und turbulente Übergangsphase, in der sich Libyen seit dem Sturz des Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi 2011 befindet.

In dem ölreichen Libyen herrscht seit 2011 ein von außen befeuerter Bürgerkrieg. Die international anerkannte Regierung in Tripolis unter al-Sarradsch kämpft gegen die Truppen des einflussreichen Generals Chalifa Haftar im Osten des Landes. Libyens Ost-Regierung hatte bereits am Montag inmitten von Protesten gegen schlechte Lebensbedingungen ihren Rücktritt angeboten. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind Libyens Konfliktparteien sich zuletzt bei Gesprächen hochrangiger Vertreter in der Schweiz näher gekommen.

So habe Einigkeit bestanden, dass Präsidentschafts- und Parlamentswahlen nötig seien, teilte die UN-Mission für Libyen (UNSMIL) vergangene Woche mit. Diese jüngsten Konsultationen seien hoffentlich "ein guter Vorläufer für mehr Konsens und Einigung". Zwar sei er davon überzeugt, dass Direktwahlen der beste Weg seien, doch werde er jeden anderen Weg unterstützen. Ein friedlicher und reibungsloser Machtwechsel müsse gewährleistet werden.

Die Vereinten Nationen und Deutschland planen ein erneutes Treffen zur Schlichtung des jahrelangen Konflikts in Libyen. An den virtuell geplanten Gesprächen am 5. Oktober sollen neben UN-Generalsekretär António Guterres auch eine Reihe von Außenministern und Vertreter der Konfliktparteien teilnehmen, wie ein UN-Sprecher am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.

Die Gespräche werden im sogenannten Berlin-Format - angelehnt an die Konferenz in der deutschen Hauptstadt im Januar - abgehalten. Damals waren neben Deutschland und den UN die USA, Großbritannien, Frankreich, China, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Republik Kongo, Italien, Ägypten, Algerien sowie die Europäische Union, die Afrikanische Union und die Arabische Liga vertreten. Mit dem Gipfel hatte Deutschland eine Vermittlerrolle in dem verheerenden Konflikt eingenommen und einen kurzen Moment des Aufbruchs erzeugt. Die Abschlusserklärung ist aber bis heute so gut wie nicht umgesetzt. Die Vereinten Nationen registrieren vor allem Verstöße der Türkei, der Emirate und Russlands gegen das Waffenembargo. Auch sie hatten die Berliner Erklärung unterzeichnet.

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