Süddeutsche Zeitung

Libyen:Massengrab mit mehr als tausend Toten entdeckt

Ein grausamer Fund: In der Nähe eines Gefängnisses in Tripolis entdecken libysche Behörden ein Massengrab mit mehr als 1000 Toten. Angeblich handelt es sich um die Opfer eines Massakers aus den neunziger Jahren, für das Sicherheitskräfte des Gaddafi-Regimes verantwortlich sein sollen.

Dieser Fund verschreckt viele: Die libyschen Behörden haben bei der Aufarbeitung des Gaddafi-Regimes die sterblichen Überreste von 1.270 Häftlingen entdeckt. Das sagte am Sonntag der Leiter des Ausschusses der neuen Regierung zur Suche nach Opfern der Herrschaft Muammar Gaddafis, Ibrahim Abu Sahima.

Die Behörden fanden das Massengrab in der Nähe eines Gefängnisses in Tripolis. Es sei bereits vor zwei Wochen entdeckt worden, nachdem Aussagen von gefangen genommen Mitgliedern des Gaddafi-Regimes und von Zeugen ausgewertet worden waren.

In dem Gefängnis Abu Salim hatte es am 26. Juni 1996 ein Massaker gegeben, nachdem Häftlinge gegen die Haftbedingungen protestiert hatten. Die Sicherheitskräfte von Gaddafi sollen dafür verantworltich gewesen sein. Sahima sagte, der Übergangsrat werde um internationale Hilfe bei der Identifizierung der Toten bitten.

Unterdessen starteten die Truppen der neuen libyschen Führung einen neuerlichen Vorstoß Gaddafis Heimatstadt Sirte. Die Kämpfer stellten am Sonntag neue Straßensperren und Kontrollpunkte auf, mit denen die Stadt noch mehr als bisher von der Außenwelt abgeschnitten werden soll. Auch Scharfschützen wurden an wichtigen Stellen positioniert.

Dutzende Flüchtlinge sprachen bereits am Samstag von immer dramatischeren Zuständen in Sirte. Ganze Familien versteckten sich in Kellern und viele Kinder litten wegen des Mangels an sauberem Wasser an Durchfall, erklärten sie. Nach Angaben von Soldaten der neuen libyschen Führung haben im Laufe der vergangenen Woche mehr als 1.300 Familien die Stadt verlassen.

Bei ihrer Offensive gegen die Gaddafi-Anhänger hatten die Revolutionsstreitkräfte am Samstag gegenüber Gaddafis Männer abermals nicht die Oberhand gewinnen können. Sieben Kämpfer wurden in den erbittert geführten Straßenkämpfen getötet, bei denen die früheren Rebellen zunächst bis an den Rand des Zentrums von Sirte vordrangen, mindestens 150 wurden verletzt. Explosionen erschütterten die Stadt, über den Straßen stieg Rauch auf. Es war seit einer Woche der erste größere Vorstoß auf Sirte, eine von drei verbliebenen Hochburgen Gaddafis.

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