Süddeutsche Zeitung

Libyen: Luftbrücke für Flüchtlinge:Obama schickt Flugzeuge

Die USA setzen im libyschen Konflikt Militärmaschinen ein - allerdings zunächst zu humanitären Zwecken. Ein militärisches Eingreifen ist für Obama aber noch nicht vom Tisch. Zur Causa Gaddafi gibt es in London einen Rücktritt - und in Bern ein peinliches Geständnis.

Präsident Barack Obama will die US-Luftwaffe einsetzen, um den Flüchtlingen an Libyens Grenze zu Tunesien helfen. Er hat Flugzeuge an die libysch-tunesische Grenze beordert, um die dort Gestrandeten auszufliegen. Ein militärisches Eingreifen bleibe für die USA eine Option, so Obama.

Für die Luftbrücke habe er den Einsatz der US-Luftwaffe in Tunesiens Grenzgebiet zu Libyen angeordnet, wo viele ägyptische Gastarbeiter nach ihrer Flucht gestrandet sind, sagte Obama. Zudem habe er die Anmietung von Zivilflugzeugen genehmigt, um andere geflohene Ausländer von dort aus in ihre Heimat zurückzubringen. Zehntausende ausländische Arbeiter, die aus Libyen geflohen sind, sitzen mittellos in der Grenzregion zu Tunesien fest.

Die USA würden sich in ihren Entscheidungen "nicht fesseln lassen", sagte Obama. Die weiteren Schritte würden in Abstimmung mit der internationalen Gemeinschaft getroffen.

Einen weitergehenden Einsatz der US-Streitkräfte schließt Obama nicht aus. Im Umgang mit dem Konflikt behalte sich sein Land "die ganze Palette an Optionen" vor, sagte er.

Obama forderte erneut den Rücktritt von Libyens Diktator Muammar el Gaddafi. "Gaddafi hat jegliche Legitimation zur Führung des Landes verloren und muss weichen", sagte Obama. "Die USA und die gesamte Welt sind weiterhin empört über die abstoßende Gewalt gegen das libysche Volk."

Unterdessen erneuerte der venezolanische Präsident Hugo Chávez sein Vermittlungsangebot. Sollte der Konflikt mit der Opposition in dem nordafrikanischen Land nicht beigelegt werden, werde der Ölpreis weiter steigen, sagte Chávez in Caracas. "Ich habe mit Gaddafi (am Telefon) gesprochen, und er hat mir gesagt, dass er die Kommission akzeptiert und dass sie hoffentlich nicht nur aus Einzelstaaten, sondern auch den Vereinten Nationen bestehe, damit sie (die UN) sehen, was wirklich passiert, bevor sie verurteilen und daran denken, das libysche Volk zu überfallen", sagte Chávez, der Anfang der Woche selbst eine "Friedenskommission" vorgeschlagen hatte. Er gilt als einer der wenigen verbliebenen Freunde Gaddafis. Die libyschen Rebellen lehnen den Vorschlag jedoch ab.

Am Donnerstag hatte die libysche Regierung Luftangriffe auf die Rebellenhochburg Brega im Osten des Landes geflogen - die seien aber nicht gegen Menschen gerichtet gewesen, behauptet Gaddafis Sohn Saif nun. Er sagte dem britischen Fernsehsender Sky News , die Angriffe hätten die Rebellen nur "erschrecken" sollen. Die eigentliche Stadt sei weit von den Zielen der Luftwaffe entfernt gewesen.

Die Geldströme der Gaddafis erschüttern im Nachhinein die angesehene London School of Economics. Der Direktor der Universität trat von seinem Posten zurück, weil er 350.000 Euro von Saif angenommen hatte. Wegen der Spende und seiner eigenen Reise nach Libyen habe der Ruf der Universität gelitten, erklärte Howard Davies.

Derweil räumte ein Sprecher des Schweizer Außenministeriums ein, mehr als eine Million Euro an Gaddafi-Sohn Hannibal gezahlt zu haben. Nach der Freilassung eines Schweizer Geschäftsmannes sei die Summe Mitte vergangenen Jahres unter deutscher Vermittlung transferiert worden. Es sei verabredet gewesen, dass das Geld für "humanitäre Zwecke" eingesetzt werde. Nachdem Hannibal Gaddafi wegen mutmaßlicher Gewalt gegen Hausangestellte 2008 kurzzeitig in der Schweiz festgenommen worden war, hatte Libyen zwei Schweizer Geschäftsmänner festgesetzt.

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