Libyen-Krise: Europa will Gaddafi zum Rückzug zwingen:Der Westen isoliert Gaddafi

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Die EU schneidet Gaddafis Geldquellen ab, nimmt sich die libysche Öl- und Gasindustrie vor - Frankreich erkennt sogar im Alleingang die Opposition als offizielle Vertretung des Landes an. Doch vor einem schreckt die internationale Gemeinschaft zurück: einem Militäreinsatz.

Martin Winter

Einstimmig verhängten die Außenminister der Europäischen Union am Donnerstag weitere Sanktionen gegen Gaddafis Regime. "Wir werden den Druck so lange erhöhen, bis Gaddafi aus dem Amt gegangen ist", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP).

Aktive Isolation: Die EU will den Druck auf Libyens Dikatator nach Aussage von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) "so lange erhöhen, bis Gaddafi aus dem Amt gegangen ist". (Foto: dpa)

Um Gaddafi die Mittel für Nachschub an Waffen und Söldnern zu nehmen, werden ab sofort mehrere libysche Banken und Finanzinstitute von ihren europäischen Verbindungen abgeschnitten, und der Zugang zu dem Vermögen des staatlichen Investitionsfonds in Europa wird gesperrt. Deutschland fror nach Auskunft Westerwelles am Donnerstag "mehrere Milliarden" Euro ein, die in verschiedenen deutschen Banken deponiert sind.

Geringe Neigung, sich militärisch zu engagieren

Nun drängt die EU die Vereinten Nationen, ihre Sanktionen ebenfalls zu verschärfen. Sollte auch das nicht ausreichen, Gaddafi zum Rückzug zu zwingen, wird an Plänen gearbeitet, die den Lebensnerv des Landes treffen: die Öl- und Gasindustrie.

Um das von den UN und der EU gegen Libyen verhängte Waffenembargo besser überwachen zu können, schlug Italien dem Vernehmen nach außerdem eine Seeblockade vor den libyschen Hoheitsgewässern vor.

Die seit Tagen vor allem von Frankreich und Großbritannien geforderte Flugverbotszone über Libyen wird es jedoch vorerst nicht geben - und wenn, dann nur auf Bitten der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union hin, und nur mit einem Mandat der UN. Das sagte Westerwelle nach dem Krisentreffen der EU-Außenminister.

Bei den Beratungen hatte sich nach Auskunft von Diplomaten gezeigt, dass die Neigung unter den europäischen Ländern gering ist, sich militärisch in Libyen zu engagieren. Das gilt auch für Deutschland. Er sei sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) einig, dass "wir nicht Bürgerkriegspartei werden wollen", sagte Westerwelle. Ein Flugverbot für die libysche Luftwaffe werde zwar weiter als "Möglichkeit" geprüft, bestätigte er. Doch das müsse "sehr klug und sehr verantwortlich" geschehen.

Uneinigkeit über Status der Rebellen

Seit Donnerstagmorgen überwachen Radarflugzeuge der Nato rund um die Uhr den Norden Libyens, ohne dabei aber in libyschen Luftraum einzudringen. Während die EU-Außenminister über die Sanktionen berieten, tagten am Donnerstag auch die Verteidigungsminister der Nato. Deren Militärstäbe bereiten zwar alles für den Fall einer Flugverbotszone vor. Aber in der Allianz gibt es ebenfalls schwere Bedenken gegen ein militärisches Eingreifen. Auch die USA zögern. Die Voraussetzungen für einen Einsatz sind nach den Worten von Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen "noch nicht gegeben".

Die Europäer sind sich zwar einig, dass sie Gaddafi loswerden wollen. Aber sie sind sich uneins, ob die Rebellen tatsächlich die Vertreter des ganzen libyschen Volkes sind. Paris erkannte sie am Donnerstag im Alleingang als legitime Regierung an. Unter anderem Deutschland sieht das nicht so. Westerwelle wies darauf hin, dass weder die EU noch die UN bislang genau sagen könnten, wer diese Leute seien.

An diesem Freitag beraten die Staats- und Regierungschefs der EU auf einem Sondergipfel über die Lage in Libyen.

© SZ vom 11.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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