Libyen-Konflikt:Internationale Kontaktgruppe fordert Gaddafis Rücktritt

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Die neugegründete Kontaktgruppe sucht im katarischen Doha eine politische Lösung im Libyen-Krieg - und erklärt Gaddafi zu einem Hindernis auf dem Weg zu "jeder Lösung der Krise". Unterdessen weist Deutschland fünf libysche Diplomaten aus. Sie werden verdächtigt, Landsleute bespitzelt zu haben.

Die neu gegründete Libyen-Kontaktgruppe hat angesichts der anhaltenden Kämpfe eine politische Lösung für das nordafrikanische Land verlangt - und zum Abschluss ihres ersten Treffens im Golfstaat Katar den Rücktritt Gaddafis gefordert. Der habe all seine Legitimität verloren. Sein Verbleib an der Macht sei "für jede Lösung der Krise" eine Bedrohung. Die Kontaktgruppe beschloss außerdem, den Aufständischen in Libyen finanziell zu helfen.

Französische Kampfjets über Libyen: Die Kontaktgruppe will den Aufständischen nun nicht nur militärisch, sondern auch finanziell helfen. (Foto: AP)

An dem Treffen in Katars Hauptstadt Doha nahmen die Vertreter von mehr als 20 Staaten und internationalen Organisationen teil, darunter auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Auch der Nationale Übergangsrat von Libyens Aufständischen war vertreten, der bisher nur von Frankreich, Italien und Katar anerkannt wird.

Rasmussen verteidigt Nato-Einsatz

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte zum Auftakt des Treffens: "Offensichtlich kann es keine militärische Lösung geben. Wir müssen einen politischen Prozess anstoßen."

Ganz anders sieht das die italienische Regierung: Rom will die libyschen Rebellen mit Waffen beliefern. "Wir müssen alle möglichen Mittel für ihre Verteidigung bereitstellen", sagte ein Sprecher des italienischen Außenministeriums kurz vor dem Treffen. Die vom UN-Sicherheitsrat verabschiedete Resolution zum Libyen-Einsatz "verbietet es nicht, die Rebellen zu bewaffnen", fügte der Sprecher hinzu. Auch Gastgeber Katar ist für Waffenlieferungen an die Aufständischen.

Belgien hingegen wandte sich umgehend gegen eine Ausstattung der libyschen Aufständischen mit Waffen. "Die UN-Resolutionen sehen vor, die Zivilisten zu schützen, nicht, sie zu bewaffnen", sagte der belgische Außenminister Steven Vanackere, der sein Land in Doha vertritt.

An der ersten Sitzung der neugegründeten Gruppe nehmen mehr als 20 Staaten und internationale Organisationen teil. Unter anderem sind UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der britische Außenminister William Hague und ein Vertreter des US-Außenministeriums, William Burns, in Doha. Auch Vertreter des oppositionellen libyschen Nationalrats in Bengasi nehmen an dem Treffen teil. Darüber hinaus wurde ein Auftritt von Gaddafis früherem Außenminister, Mussa Kussa, erwartet, der sich im März nach Großbritannien abgesetzt hatte.

Rasmussen verteidigte die bisherige Bilanz des Nato-Einsatzes "Vereinte Schutzmacht". Mit mittlerweile mehr als 900 Luftangriffen sei es gelungen, ein Drittel des Militärapparats Gaddafis auszuschalten.

Rebellen wollen mehr US-Engagement

Die libyschen Rebellen mahnten in Doha eine stärkere Rolle der USA bei der von der Nato geführten Militäraktion in Libyen an: "Als die Amerikaner involviert waren, war die Mission sehr aktiv", sagte ein Sprecher der Rebellen, Mahmud Schammam, der auch in Doha zugegen ist. Mittlerweile reagiere das Militärbündnis aber sehr langsam auf Angriffe auf Zivilisten durch die Streitkräfte Gaddafis. Führer der Rebellen wollten noch in dieser Woche nach Washington reisen, um dort US-Regierungsvertreter zu treffen, kündigte Schammam an.

Außerdem forderten die Aufständischen von westlichen Staaten Hilfszahlungen in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar. Sie wollten so die Grundversorgung der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten sicherstellen. Die humanitäre Hilfe könnte im Gegenzug für Öl-Lieferungen erfolgen, sagte Schammam weiter. Auf den von Aufständischen kontrollierten Ölfeldern würden täglich 100.000 Barrel Erdöl gefördert, doch nur eine minimale Menge davon gelange ins Ausland, sagte Schammam weiter.

Die angriffe der internationalen Truppe in Libyen gehen weiter: Kampfbomber zerstörten in Libyen zwölf Panzer in der Nähe des Ortes Zintan. Das teilte die Nato mit. Außerdem sei südlich von Sirte ein Munitionsbunker zerstört worden.

Deutschland wies unterdessen fünf libysche Diplomaten aus. Als Grund gab das Auswärtige Amt in Berlin an, dass die Betroffenen Druck auf libysche Staatsangehörige in Deutschland ausgeübt haben sollen. Botschafter Jamal Ali Omar El-Baraq sei einbestellt worden, teilte das Auswärtige Amt in Berlin mit. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, dass die Diplomaten innerhalb von sieben Tagen das Land verlassen müssten.

Der Bundesverfassungsschutz wirft dem libyschen Auslandsgeheimdienst und Gaddafis "Revolutionskomitees" seit langem illegale nachrichtendienstliche Aktivitäten in Deutschland vor. Dabei gehe es vor allem um die Bespitzelung und Ausspähung von libyschen Oppositionsgruppen. Unter anderem würden die Dienste libysche Asylbewerber mit islamistischem Hintergrund anwerben. Die Betroffenen würden meist mitmachen, weil sie Repressionen gegen in Libyen lebende Familienmitglieder befürchteten, heißt es im Verfassungsschutzbericht 2009.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/AFP/hai/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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