Etwa eine Woche vor einer geplanten UN-Friedenskonferenz droht im Bürgerkriegsland Libyen eine neue Eskalation der Gewalt. Der einflussreiche General Chalifa Haftar gab seinen Truppen am Donnerstag den Befehl zum Vormarsch auf die Hauptstadt Tripolis, wo die international anerkannte Regierung ihren Sitz hat. UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich bei einem Besuch in dem nordafrikanischen Land besorgt über die Militäroperation.
"Heute vollenden wir (...) unseren siegreichen Marsch, den Marsch des Kampfes", sagte Haftar in einer Audiobotschaft mit dem Titel "Operation zur Befreiung von Tripolis". "Heute kommen wir den Rufen unserer Angehörigen in unserer teuren Hauptstadt nach, wie wir es ihnen versprochen haben." Haftar rief seine Soldaten auf, in Tripolis friedlich einzumarschieren und ihre Waffen nur gegen diejenigen zu erheben, "die Ungerechtigkeit suchen und Konfrontation und Kampf bevorzugen". Er befahl den Soldaten, nicht das Feuer auf Zivilisten zu eröffnen. "Wer auch immer die weiße Flagge hisst, ist sicher", sagte er.
Für Mitte April ist eigentlich eine Friedenskonferenz geplant
UN-Generalsekretär António Guterres rief die libyschen Konfliktparteien zur Deeskalation auf. Es gebe keine militärische Lösung des Kriegs, sagte er Reportern bei seinem Besuch in Tripolis.
Für eine für diesen Monat geplante Friedenskonferenz zwischen den Konfliktparteien sei Deeskalation erforderlich. "Unter diesen Umständen kann es keine nationale Konferenz geben", sagte er. Mitte April ist in der Stadt Ghadames eine dreitägige Nationalkonferenz geplant, die von den UN organisiert wird. UN-Sondervermittler Ghassan Salame will dort nach Auswegen aus der jahrelangen Krise suchen. Auch der UN-Sicherheitsrat unterstützt das Treffen und erklärte Ende März, die Konferenz biete eine entscheidende Gelegenheit, um Frieden im Land zu erreichen.
In Libyen herrscht seit dem Sturz und Tod von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Bürgerkriegschaos. Als wichtigste Kontrahenten stehen sich Haftar und die international anerkannte Regierung von Fajis al-Sarradsch gegenüber. Haftars Truppen waren in den vergangenen Monaten von Osten bis an die Grenze zu Algerien im Westen Libyens vorgerückt. Sie brachten unter anderem Ölquellen unter ihre Kontrolle. Unterstützt wird Haftar von Ägypten, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Russland.
Libyen hat sich zu einem der wichtigsten Transitländer von Migranten auf dem Weg nach Europa entwickelt. Von der libyschen Mittelmeerküste legen immer wieder Boote mit Flüchtlingen ab. Die EU hatte Ende März erklärt, sie stoppe ihren Marineeinsatz vor Libyens Küste, mit dem Schleuser gestoppt werden sollen. Die Mitgliedstaaten konnten sich nicht auf ein System zur Verteilung geretteter Migranten einigen.