Süddeutsche Zeitung

Libyen:"Gaddafi-Sohn will kapitulieren"

Gaddafis Sohn Al-Saadi will sich nach Angaben der libyschen Rebellen stellen. Er soll angedeutet haben, wo er sich versteckt hält. Ein weiterer Sohn Gaddafis - Saif al-Islam - hat laut einem CNN-Bericht Gaddafis Anhänger hingegen zum Widerstand aufgerufen. Er trinke mit dem "Führer Tee und Kaffee".

Muammar al-Gaddafis Sohn Al-Saadi will sich nach Angaben der libyschen Rebellen ergeben. Der Kommandeur der Aufständischen in der Hauptstadt Tripolis, Abdel Hakim Belhadsch, sagte der Nachrichtenagentur AP, Al-Saadi habe ihn am Dienstag telefonisch gefragt, ob die Rebellen für seine Sicherheit garantieren könnten. Der Rebellenkommandeur sicherte dem Gaddafi-Sohn nach eigenen Angaben zu, dass ihm nichts geschehen, er aber im Einklang mit den Gesetzen behandelt werde.

Al-Saadi bat den Rebellen Gespräche an: "Das wichtigste ist es, das Blutvergießen zu stoppen", sagte er dem arabischen Fernsehsender Al-Arabija.

Zuvor hatte Belhadsch dem Sender al-Dschasira gesagt: "Er (Al-Saadi) hat darum gebeten, Teil der Revolution zu werden. Er bat um Garantien, damit er zu seinen Leuten in die Hauptstadt Tripolis zurückkehren kann. Er deutete an, wo er sich versteckt hält."

Hingegen hat ein weiterer Sohn Gaddafis - der einflussreiche Saif al-Islam - die Anhänger seiner Vaters laut einem Bericht des Nachrichtensenders CNN zum Widerstand aufgerufen: "Greift die Feinde an, wo immer sie sind", sagte der zweitälteste Sohn Gaddafis in einer Fernsehbotschaft, wie CNN am Mittwochabend berichtete. "Wir sind immer noch da und wir kämpfen. Der Sieg ist nah." Die Gegner des Regimes bezeichnete Al-Islam als "Verräter und Ratten". In der laut CNN vom Sender Al-Rai ausgestrahlten Botschaft behauptet er, er halte sich in einem Vorort von Tripolis auf. Über seinen Vater sagte er: "Dem Führer geht es gut, wir trinken Tee und Kaffee."

Den Rebellen liegen nach den Worten ihres Kommandeurs für Tripolis, Belhadsch, "unbestätigte Berichte" zum Versteck Muammar al-Gaddafis vor. Arabische Medien spekulierten, dass der 69-Jährige in Bani Walid südlich von Tripolis untergetaucht sei. Die Stadt stehe unter dem Schutz der Warfalla, des größten libyschen Stammes, berichtete der arabische Nachrichtensender al-Arabija. Dagegen behauptete ein ehemaliger Leibwächter von Gaddafis Sohn Chamis, dass sich der Ex-Diktator in die 770 Kilometer südlich von Tripolis gelegene Garnisonsstadt Sebha abgesetzt habe. Den Außenminister Gaddafis, Abdelati al-Obeida, haben die Rebellen mittlerweile gefasst. Das zumindest sagte ein Mitglied des Militärrats der Rebellen in Tripolis.

Sirte uneins über Kapitulation

Nach dem Ultimatum der Rebellen gibt es in Sirte, der Heimatstadt Gaddafis, dagegen bislang keine Anzeichen für eine Kapitulation. Die Bevölkerung in der rund 75.000 Einwohner zählenden Küstenstadt sei gespalten, berichtete der Nachrichtensender al-Dschasira. Eine Hälfte plädiere für Kampf, die andere Hälfte dafür, sich zu ergeben. Stammesälteste versuchten, die Gaddafi-Truppen wenigstens davon zu überzeugen, dass im Fall eines Kampfes Frauen und Kinder zuvor die Stadt verlassen könnten.

Auch die in der Wüste gelegene Garnisonsstadt Sebha hat bislang das Ultimatum der Rebellen nicht akzeptiert. Die neuen Machthaber fordern, dass die letzten Gaddafi-Getreuen ihre Waffen bis zur Nacht von Freitag auf Samstag strecken.

Nato will vorerst in der Region bleiben

Die Nato will auch nach einem Ende des Militäreinsatzes in Libyen weiter Flagge zeigen. Soldaten des Militärbündnisses könnten für eine begrenzte Zeit den Luftraum überwachen und Schiffe vor der Küste Libyens kontrollieren. Dies vereinbarten die Vertreter der 28 Nato-Staaten am Mittwoch im Nato-Rat in Brüssel. Eine Entsendung von Bodentruppen kommt dagegen für das Bündnis nicht in Frage.

Die EU beginnt derweil damit, Sanktionen gegen Libyen zu lockern. Wie aus Diplomatenkreisen verlautete, will die Union "so schnell wie möglich" die Beschränkungen für eine "substanzielle Zahl" von Unternehmen aufheben. Eine entsprechende Entscheidung auf Arbeitsebene sei gefallen, hieß es in Brüssel. Den Angaben zufolge sind davon sechs Häfen sowie mehr als 20 Unternehmen aus dem Öl-, Gas- und Finanzbereich betroffen. Möglicherweise könnte die Aufhebung der Sanktionen für die betroffenen Unternehmen bereits am Donnerstag greifen, hieß es.

In Berlin ist ein neuer Geschäftsträger der libyschen Botschaft akkreditiert worden. Wie aus dem Auswärtigen Amt verlautete, handelt es sich um Aly Masednah El-Kothany. Die Funktion des bisherigen libyschen Botschafters Jamal El-Barag sei damit als beendet anzusehen. Er wurde demnach aufgefordert, Deutschland bis spätestens 15. September zu verlassen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte den Nationalen Übergangsrat in Libyen Mitte Juni als "legitime Vertretung des libyschen Volkes" bezeichnet und ein deutsches Verbindungsbüro offiziell eröffnet.

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