Der Gaddafi-Clan:Abstieg einer extravaganten Familie

Das libysche Regime bricht unter den Aufständen zusammen - und mit ihm der Gaddafi-Clan. Der Vater ist abgetaucht, die Mutter flieht mit mehreren Kindern nach Algerien, ein Sohn wird in Niger gesichtet. Die Zeit der Extravaganzen scheint vorbei. Dabei hatten einst vor allem die Söhne die Vorzüge der Macht genossen - unter anderem in Deutschland.

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Der Gaddafi-Clan ist am Ende, die Zeit der Extravaganzen vorbei. Dabei hatten einst vor allem die Söhne die Vorzüge der Macht genossen - unter anderem in Deutschland.

Die Familie Gaddafi ist am Ende. Während Plünderer in Tripolis über die Residenz des gestürzten Machthabers herfallen und Fotos als Souvenir einsammeln - hier eine undatierte Aufnahme von Gaddafis Tochter Aischa (links) -, ist seine Familie auf der Flucht.

Al Saadi Gaddafi intercepted in the north of Niger

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Gaddafi hat sieben Söhne und eine Tochter. Sein drittältester Sohn Al-Saadi ist offenbar in einem Konvoi aus Libyen geflohen und hat sich ins Nachbarland Niger abgesetzt. Dort sichtete ihn die nigrische Armee. Der Konvoi sei in Richtung Agadez im Zentrum des Landes gereist. Justizminister Marou Amadou sagte, dass Al-Saadi "keinerlei Status" in Niger habe. Offenbar bedeutet dies, dass der Sohn Gaddafis nicht als Flüchtling behandelt und ihm kein Asyl gewährt wird.

Al-Saadi Gadhafi;

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Ende August soll Al-Saadi bei den libyschen Rebellen angefragt haben, ob sie seine Sicherheit garantieren könnten, falls er in die Hauptstadt Tripolis zurückkehre. Ein Rebellenkommandeur hatte dem Sender al-Dschasira mitgeteilt, dass Al-Saadi Teil der Revolution werden wolle. Dazu ist es jedoch nicht gekommen.

AL-SAADI GADDAFI; SAADI GADDAFI

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Bevor die Aufstände der Rebellen in Libyen begannen, war Gaddafis drittältester Sohn Al-Saadi für spektakuläre Auftritte bekannt. Für seine Hochzeit richtete der Geschäftsmann und ehemalige Fußballprofi ein rauschendes Fest mit Kamelrennen und Feuerwerk aus. Seine Frau ist die Tochter eines Militärkommandeurs. Ehrengast auf der Hochzeit war Diego Maradona.

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Seit 2002 zog Al-Saadi - hier auf den Filmfestspielen von Venedig - durch Italien und versuchte sein Glück als Fußballprofi. Zum Toreschießen kam er allerdings kaum: bei den Klubs aus Perugia, Genua und Udine saß er meist nur auf der Ersatzbank. Bei Perugia Calcio wurde er ein einziges Mal eingewechselt.

LIBYAN LEADER GADDAFI'S SON MOAMMER GADDAFI CROSSES BALL DURING TRAINING SESSION

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Nach einer Sperre wegen Dopings verzichtete er auf eine Karriere als Profifußballer und widmete sich ab 2004 seiner Tätigkeit als Vorsitzender der libyschen Investmentgesellschaft Lafico. Außerdem machte Al-Saadi Karriere in der Armee, wo er eine Eliteeinheit führte. Wie sein Bruder Saif al-Islam galt Saadi als Anhänger von Reformen und einer Öffnung des Landes.

Gaddafis Regime vor dem Ende - Familienangehörige

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Gaddafis Ehefrau Safia Farkash (hier ein Archivbild von 2004) ist mit Aischa und den Söhnen Hannibal und Mohammed nach Algerien geflohen. Kurz nach ihrer Flucht brachte Aischa eine Tochter zur Welt. Gaddafi selbst wird immer noch in seinem Heimatland Libyen vermutet. Die Kinder des Despoten machten in der Vergangenheit vor allem mit einem ausschweifenden Lebensstil und Skandalen auf sich aufmerksam. Angesichts des drohenden Untergangs der Familie Gaddafi scheint der Clan wieder enger zusammenzurücken.

File photo of Libyan leader Muammar Gaddafi smiling at his daughter Aysha during a news conference inside his Bedouin tent erected in the heavily fortified Bab El-Assaria barracks on the outskirts of Tripoli

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Über vier Jahrzehnte war Gaddafi in Libyen an der Macht. Den Kult um seine Person pflegte er in dieser Zeit mit größtem Aufwand, doch die Familie blieb weitgehend außen vor. Es gibt nicht viele Bilder, auf denen Gaddafi gemeinsam mit seinen Kindern zu sehen ist. Das Bild zeigt Tochter Aischa zusammen mit ihrem Vater bei einer Pressekonferenz in einem Beduinenzelt im Jahr 1986.

SOPHIA GADDAFI; KHAMIS GADDAFI; SAFIR ANAB GADDAFI; Saadi Gaddafi

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Während Gaddafi für die Kameras der Welt posierte und seine schillernden Outfits wechselte wie andere Staatschefs die Krawatten, zeigte seine Ehefrau sich nur selten auf Bildern. Seit 1970 ist Gaddafi in zweiter Ehe mit der aus Jugoslawien stammenden Ex-Krankenschwester Safiva Farkash verheiratet. Das Bild zeigt sie mit drei Söhnen im Zelt des Hauptquartiers im Jahr 1986.

Aischa Gaddafi

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Gaddafis einzige Tochter Aischa hat Jura studiert und arbeitete als Anwältin. Einer ihrer bekanntesten Klienten war der irakische Diktator Saddam Hussein. Auch ihre Brüder verteidigte sie mit juristischen Mitteln. Das Foto zeigt sie in Tripolis, wo sie sich zu Beginn des Krieges in einer Rede an das Volk wandte.

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Arabische Zeitungen nannten sie einst "die Claudia Schiffer der Wüste", in den Luxusläden von Paris und London war sie Stammkundin. Aischa Gaddafi pflegte einen westlichen Lebensstil, bevor sie vor fünf Jahren einen Oberst des libyschen Heeres heiratete und begann, ein Kopftuch zu tragen.

Dieses Foto von Aischa auf einer Reise durch Europa ist wie ...

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... diese Passbilder im Palast ihres Vater gefunden worden, als die Rebellen dort die Kontrolle übernahmen.

Gaddafi-Sohn: Opferzahlen übertrieben

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Schon kurz nach dem Beginn der Eskalation zwischen Regime und Rebellen erschien Saif al-Islam im libyschen Staatsfernsehen. In Anzug und Krawatte saß er vor einer grün-weißen Weltkarte und wandte sich in einer ausschweifenden Rede an seine Landsleute. Er warnte vor dem Chaos, kündigte Widerstand des Regimes an und drohte, die Armee werde bis zum letzten Mann, bis zur letzten Frau und bis zur letzten Patrone kämpfen. Er sprach zwar auch von Reformen, doch seine Botschaft an die Demonstranten war deutlich: "Ich spreche zu euch zum letzten Mal, bevor die Waffen sprechen."

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Ein weiteres Mal tauchte der zweitälteste Sohn Gaddafis Mitte August in Tripolis auf - und widerlegte von den Rebellen zuvor verbreitete Gerüchte über seine Festnahme. "Wir haben den Rebellen das Rückgrat gebrochen", tönte der 39-Jährige, der lange als das liberale Gesicht des Gaddafi-Clans galt. Ende August meldete er sich in einer Fernsehbotschaft erneut zu Wort: "Greift die Feinde an, wo immer sie sind. Wir sind immer noch da und wir kämpfen. Der Sieg ist nah." Die Gegner des Regimes bezeichnete al-Islam als "Verräter und Ratten".

Wie sein Vater wird er mittlerweile vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit per Haftbefehl gesucht. Obwohl auch er politisch aktiv war, zeigte sich Saif al-Islam in der Öffentlichkeit stets ganz anders als sein exzentrischer Vater.

File photograph of Saif al-Islam Gaddafi, the son of Libyan leader Muammar Gaddafi, in Tripoli

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Saif al-Islam (übersetzt: das Schwert des Islam), hier ein Foto aus dem Februar 2011, trat in der Öffentlichkeit meist mit Anzug und Krawatte sowie ruhiger und besonnener Ausdrucksweise auf. Obwohl er kein offizielles politisches Amt inne hatte, kam der zweitälteste Sohn Gaddafis während des Konflikts in seinem Heimatland immer wieder als Sprecher seines Vaters zum Einsatz. Die Wandlung überraschte. Denn vor den Ausschreitungen in seinem Land galt Saif al-Islam als moderater und politischer Reformer, von dem man glaubte, er wolle das Land politisch und wirtschaftlich öffnen.

Gaddafi-Sohn: Opferzahlen übertrieben

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Das Verhältnis von Vater und Sohn war darum nicht ungetrübt. Der Junior hatte immer wieder die Verfassung Libyens kritisiert und das Regime seines Vaters als korrupt bezeichnet. Das passte Gaddafi Senior überhaupt nicht. 2006 musste Saif al-Islam deshalb vorrübergehend das Land verlassen.

Auch dadurch hatte der Dandy Saif al-Islam sich im Westen Ansehen verschafft. Mit seinen nüchternen und pragmatischen Auftritten war er ein beliebterer Verhandlungspartner als sein exzentrischer Vater und seine zu Eskapaden neigenden Brüder.

FORMER ABU SAYYAF HOSTAGES STAND TOGETHER WITH LIBYAN NEGOTIATOR AZZARUK AND GADDAFI'S SON SAIF AL ISLAM IN TRIPOLI

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Beliebt machte Saif al-Islam sich im Ausland auch als Verhandlungspartner bei Geiselnahmen. Als Vorsitzender der humanitären Gaddafi-Stiftung half er 2000 bei der Befreiung von Geiseln aus der Hand von Islamisten. Auch im Fall der acht Jahre lang in Libyen eingesperrten bulgarischen Krankenschwestern inszenierte er sich als Befreier.

Auf dem Bild ist Saif al-Islam (3.v.l.) zusammen mit den freigelassenen Geiseln im September 2000 zu sehen.

GADDAFI HAIDER

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Saif al-Islam studierte Architektur an der Universität von Al Fatih und anschließend Wirtschaftswissenschaften in Wien, wo er in einer Luxusvilla lebte. Dort lernte er auch den österreichischen Rechtspolitiker Jörg Haider kennen.

Mohammed Muammar Gaddafi,

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Weniger präsent in den Medien sind Gaddafis andere Kinder. Der älteste Sohn Mohammed Muammar, der nach Algerien geflohen ist, stammt aus Gaddafis erster Ehe. Nachdem der Filius in Libyen sein Ingenieurstudium abgeschlossen hatte, ging er für eine Promotion nach Großbritannien. Das Bild zeigt ihn bei seiner Graduiertenfeier im Juli 2006 an der britischen Universität Liverpool.

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Gaddafis ältester Sohn fungierte als Chef des einflussreichen staatlichen Post- und Kommunikationsamtes. Im Vergleich zu seinen jüngeren Brüdern hatte er sich in den vergangenen Jahren aber weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und lebte deutlich unauffälliger.

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Der vierte Sohn Gaddafis, Mutassim Billah, war bis zuletzt Berater für Nationale Sicherheit in Libyen. Der Diktatorenspross hatte im Sicherheitsapparat Karriere gemacht und galt als konservativer Hardliner.

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Auch Mutassim hatte sich mit seinem Vater zwischenzeitlich überworfen. Für einige Zeit musste er nach Ägypten fliehen, weil er an einem Umsturzplan der Armee beteiligt gewesen sein soll. Mutassim durfte jedoch zurückkehren - und wurde noch mächtiger: Gaddafi betraute seinen Viertältesten mit wichtigen Ämtern in seinem Machtapparat. Mutassim verprasste allerdings auch gerne Geld: Er soll eine Million Dollar dafür gezahlt haben, dass Mariah Carey an Silvester 2009 einige Songs in einem Luxusressort auf einer Karibikinsel darbot. Auch mit Saufgelagen hatte er es schon in die Schlagzeilen geschafft.

Diplomatische Krise zwischen Libyen und Schweiz: Gaddafi-Sohn Hannibal

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Gaddafi Junior Nummer fünf heißt Hannibal. Er ist mit seiner Mutter nach Algerien geflohen.

Hannibal genoss eine militärische Ausbildung, war für den Küstenschutz zuständig und leitete die libysche Schifffahrtsgesellschaft. In Europa ist Hannibal ebenfalls kein Unbekannter - besonders bei der Polizei.

File photo of Hannibal Gaddafi in Tripoli

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In Paris wurde er etwa wegen Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. In der Schweiz löste er eine diplomatische Krise zwischen Libyen und den Eidgenossen aus, weil er eine Hausangestellte misshandelt haben soll. Hannibal und seine Frau waren im Juli 2008 in Genf verhaftet worden. Vater Gaddafi antwortete daraufhin auf seine Art: Der Senior setze zwei Schweizer Geschäftsleute in Libyen fest - die Schweizer Justiz legte den Fall zu den Akten.

Vorbereitungen zur 46. Muenchner Sicherheitskonferenz

Quelle: ddp

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Auch Saif al-Arab machte durch unrühmliche Schlagzeilen im Ausland auf sich aufmerksam. Der 1982 geborene Gaddafi-Sprössling schrieb sich 2006 als Student an der Technischen Universität in München ein. Anfangs residierte er in einer Hotelsuite im Bayerischen Hof. Später zog Saif al-Arab mit seiner Gefolgschaft in eine Villa in Waldperlach.

Eine Entourage aus Bodyguards, einem Arzt, einem Juristen und Hausangestellten stand ihm auch in München zur Seite. Der Diktatorensohn feierte ausschweifend, frönte seiner Leidenschaft für teure Autos und zog durch die angesagtesten Clubs der Stadt. Mehrfach ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Waffenbesitzes, Körperverletzung und wegen des Verdachts der Anstiftung zum Mord.

Saif al-Arab Gaddafi Muammar Gaddafi

Quelle: dpa

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Nach Angaben der libyschen Regierung soll Saif al-Arab Ende April gemeinsam mit drei von Gaddafis Enkelkindern bei einem Nato-Luftangriff in Tripolis getötet worden sein. Eine unabhängige Bestätigung dafür gibt es jedoch nicht. Aufgebrachte Gaddafi-Anhänger zogen nach dem Vorfall mit einem Foto Saif al-Arabs durch die Straßen.

Sulfiah  Khadafy, Sadiq Khadafy, Seph Al Islam  Khadafy, Gadhafi

Quelle: ASSOCIATED PRESS

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Hana, die Adoptivtochter Gaddafis, kam bei einem Angriff ums Leben. Das Bild zeigt Gaddafis Ehefrau Safia bei einer Pressekonferenz im April 1986 mit zwei Söhnen. Sie steht vor einem zerbombten Haus in Tripolis. Gaddafi verurteilte damals die USA dafür, unschuldige Menschen während des Luftangriffs getötet zu haben. Bei diesem Angriff starb auch Hana. Mit dem Luftschlag wollte die US-Regierung einen Bombenanschlag vergelten, den libysche Attentäter auf die von amerikanischen Soldaten frequentierte Diskothek "La Belle" in Berlin verübt hatten.

25 Jahre später fallen wieder Bomben auf Libyen - mit hoher Wahrscheinlichkeit werden sie diesmal die Ära Gaddafi beenden.

© sueddeutsche.de/maza
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