Libyen:Erzfeinde bilden Regierung

Nach Jahren des Bürgerkriegs gibt es jetzt ein einheitliches libysches Kabinett, das sich zunächst in Tunesien niederlassen will.

Rivalisierende Gruppen in Libyen haben die Bildung einer Einheitsregierung bekanntgegeben. Der sogenannte Einheitspräsidialrat teilte am Dienstag mit, dass man sich auf ein Kabinett geeinigt habe, das aus 32 Mitgliedern besteht. Diese sollen aus verschiedenen Orten des Landes stammen, wie es in der Stellungnahme heißt, die der Nachrichtenagentur AP vorlag. Dem Rat gehören Vertreter der beiden rivalisierenden Parlamente Libyens sowie Delegierte anderer Gruppen an.

In Libyen war die staatliche Ordnung nach dem Sturz des langjährigen Diktators Muammar al-Gaddafi 2011 zerfallen. Es bildeten sich zwei Regierungen und zwei Parlamente - eine Regierung saß in Tripolis, die andere in Tobruk, im Osten des Landes. Beide werden durch eigene Milizen gestützt. Das Machtvakuum nutzten Extremisten, unter ihnen Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat.

Die neue libysche Einheitsregierung soll sich zunächst in Tunesien niederlassen, wo auch der Präsidialrat seinen Sitz hat. Später soll sie nach Tripolis umsiedeln. Beobachter gehen davon aus, dass der Ratsvorsitzende Fajis Sarradsch auch Ministerpräsident wird. Verteidigungsminister soll Al-Mahdi al-Barghathi werden, der als Militärkommandeur islamistische Extremisten bekämpft hat. Das Innenministerium soll Al-Aref al-Choga anvertraut werden, der auch in Tripolis Innenminister war und enge Verbindungen zu Islamisten hat. Wer Chef des Militärs wird, war zunächst noch offen.

Sarradsch muss innerhalb von zehn Tagen die Zustimmung des international anerkannten Parlaments in Tobruk erhalten. Es war allerdings unklar, ob das rivalisierende Parlament in Tripolis Sarradsch anerkennen wird und ob sein Kabinett überhaupt regierungsfähig sein wird, wenn dort ehemalige Kriegsrivalen an einem Tisch sitzen. Ein Politiker aus Tripolis hatte jüngst damit gedroht, gewaltsam gegen ein Sicherheitskomitee der Einheitsregierung vorzugehen.

Die Vereinbarung, eine einheitliche Regierung zu bilden, ist Teil eines von den Vereinten Nationen vermittelten Prozesses. Damit soll das Chaos eingedämmt werden, in das Libyen nach dem Volksaufstand vor vier Jahren gesunken war.

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