Liberale und Krankenversicherung:Die Rabatt-Könige der FDP

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Die Nähe der Liberalen zur privaten Versicherungswirtschaft geht über politische Kontakte weit hinaus. Zwischen der FDP und der Deutschen Krankenversicherung gibt es auch eine geschäftliche Kooperation: ein vergünstigtes Rundum-sorglos-Paket allein für Parteimitglieder.

Thorsten Denkler, Berlin

"Exklusiv für FDP-Mitglieder", so lautet das Angebot. Genauer: die "liberale Alternative zur Gesundheitsreform". So wirbt die Deutsche Krankenversicherung DKV, Europas größter Privatversicherer, auf der FDP-eigenen Internet-Plattform netzwerk-mit-nutzwert.de. Weitere Informationen? Nur für den, der sich als "FDP-Mitglied verifizieren" kann.

Die Webseite der DKV. Wer mehr Informationen zum Rabatt-Programm für FDP-Mitglieder haben will, muss beweisen können, dass er Parteimitglied ist. (Foto: Screenshot: http://www.kooperation.dkv.com/fdp/index.html)

Auf den Seiten der DKV selbst wird es noch deutlicher. Das Logo der Liberalen prangt unter dem der DKV. Daneben drei glückliche Anzugträger und der Claim: "Freie Demokratische Partei und DKV - starke Partner".

Eine Partnerschaft, die sich auszahlt für FDP-Mitglieder und Mitarbeiter. Es gibt Fünf Prozent Rabatt. Vorerkrankungen sind - anders als üblich - kein Grund, den Versicherungsschutz zu verweigern. Familienmitglieder werden mitversichert und Wartezeiten gibt es auch nicht. Ein Rundum-sorglos-Paket für den freiheitsliebenden Liberalen also. Unter ihnen sind ohnehin überdurchschnittlich viele privat versichert. Die Partei der Besserverdienenden lässt grüßen.

Solche Gruppenverträge mit Institutionen, Unternehmen oder Verbänden sind keine Seltenheit. Sie gehören inzwischen zum Einmaleins im Versicherungsmarketing. "Die DKV bietet insgesamt etwa 1000 Firmen und Verbänden solche Gruppenverträge an", sagt Sybille Schneider, Sprecherin der DKV. "Dazu gehören auch Rechtsanwälte und Tanzlehrer." Auch der Deutsche Journalistenverband bietet über Gruppenverträge Versicherungen mit der DKV an.

Pikante Kooperation

Pikant aber ist, dass ausgerechnet eine Partei, die sich ohnehin massiv für die Belange der privaten Versicherungswirtschaft einsetzt, mit Europas größtem privatem Krankenversicherer kooperiert. FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler sieht seine wesentliche Aufgabe darin, das Gesundheitssystem von der solidarischen Umlagefinanzierung auf private Füße zu stellen. Er hat gerade mit Christian Weber einen Chef-Lobbyisten der privaten Krankenversicherungen zum Leiter seiner Grundsatzabteilung gemacht.

Nina Katzemich, Sprecherin von Lobbycontrol, sagte zu sueddeutsche.de: "In der Politik entsteht bei so etwas immer der Verdacht, dass sich da ein Unternehmen eine Partei gewogen machen möchte." Das gelte "erst recht, wenn sie in Regierungsverantwortung steht, da wird es noch etwas gefährlicher".

Hochgespült hat die Geschichte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck. In der Generaldebatte zum Bundeshaushalt an diesem Mittwoch hat die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger gerade über den sehr FDP-eigenen Begriff von der Solidarität im Krankenversicherungswesen gesprochen, da stellt Beck seine Zwischenfrage: "Trifft es eigentlich zu, dass die Mitglieder der FDP-Fraktion Sonderkonditionen bei der DKV angeboten bekommen?"

Es rumort im Rund des Bundestages. "Sehr geehrter Herr Beck", antwortet Homburger, sie wisse nicht, wo es Sonderkonditionen gebe. Fakt sei aber, dass die FDP jedem Bürger die Freiheit geben wolle, selber zu entscheiden, wie und wo er sich versichere. Das ist zu etwa 100 Prozent die Position des Verbandes der privaten Krankenversicherungen (PKV), zu dessen größten Mitgliedern die DKV gehört.

Allein: Becks Frage traf nicht ganz den Kern. Es können ja nicht nur Abgeordnete der FDP von dem Deal mit der DKV profitieren, wie das Beck in seiner Frage formulierte - sondern alle Parteimitglieder und Parteimitarbeiter.

Die FDP verweist darauf, dass auch andere Parteien ihren Mitgliedern Vergünstigungen von Unternehmen anböten. Die FDP selbst habe neben der DKV auch noch Sonderkonditionen eines Mobilfunkanbieters oder einer Autovermietung im Angebot. Sie spricht von einem "Netzwerk mit Nutzwert", zu dem andere Partner wie die Mobilfunkfirma Vodafone, der Autovermieter Sixt oder einzelne Reiseanbieter gehören.

Der DKV-Tarif eine "gesunde Lösung"

Das ist nur die halbe Wahrheit. Von Sondertarifen einer privaten Krankenkasse profitieren ausschließlich FDP-Mitglieder. Alle anderen Parteien scheinen nicht ins Beuteschema der privaten Versicherer zu passen.

Eingefädelt hatte die FDP das Geschäft schon 2003. Parteichef Guido Westerwelle hatte damals seinem alljährlichen "Dreikönigsbrief" an die Mitglieder eine Broschüre beigelegt, in der FDP und DKV gemeinsam für das Angebot der DKV warben. "Die FDP versteht den Wunsch vieler Menschen, auch in puncto Krankenversicherung ihre Belange eigenverantwortlich zu regeln", hieß es in dem Flyer. Der DKV-Tarif stelle hier eine "gesunde Lösung dar".

Die DKV versichert, mit dem Angebot keine politischen Ziele zu verfolgen. "Für uns ist der Vertrag mit der FDP einer unter vielen", sagt Sprecherin Schneider. Den Liberalen würden zudem keine außergewöhnlich guten Konditionen angeboten, versichert sie.

Am Vertrag mit der FDP ist alles legal. Und doch bleibt wieder etwas hängen bei der FDP. Die ganze Woche schon muss sie sich gegen Anwürfe verteidigen, sie habe sich von einem Hotelbesitzer für die Mehrwertsteuersenkung bei Hotel-Übernachtungen mit einer Millionenspende bezahlen lassen. Das Stigma der Klientelpartei jedenfalls dürfte die FDP nach dieser Woche so schnell nicht wieder loswerden.

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