Libanon:Walkie-Talkies als Waffe

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Videostandbild eines explodierten Funkgeräts in Libanon. (Foto: DPA)

Nach Pagern sind in Libanon auch Handfunkgeräte explodiert, etliche Menschen starben, Hunderte wurden verletzt. Wo kamen sie her? Wie konnten sie explodieren? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Helmut Martin-Jung

Walkie-Talkies, zu Deutsch Handfunkgeräte, entwickelten sich aus rucksackgroßen Sendern und Empfängern und wurden während des Zweiten Weltkriegs in größerer Zahl eingesetzt. Die heute verwendeten Walkie-Talkies sind etwa so groß wie ein Schnurlostelefon fürs Festnetz. An ihrer Stirnseite lässt sich meist eine Antenne anschrauben.

Wozu dienen Walkie-Talkies?

Für gewöhnlich kommunizieren Walkie-Talkies nur in eine Richtung – senden oder empfangen. Die Standardeinstellung ist „Empfangen“. Die Träger hören dann alles, was auf der eingestellten Frequenz gesendet wird. Will man selbst sprechen, muss man eine Taste drücken, man spricht daher von „push to talk“. Eine solche Funktion gibt es auch bei manchen Handys, dafür muss man allerdings im Empfangsbereich des Mobilfunkanbieters sein.

Für Walkie-Talkies ist das nicht nötig. Sie haben eine Reichweite von bis zu zehn Kilometern, abhängig von der Beschaffenheit der Umgebung und vom Wetter. Mittels sogenannter Repeater – eine Art Verstärker, die die Signale weiterleiten – kann diese Reichweite aber vergrößert werden. Wenn Repeater ans Internet angeschlossen werden, können darüber auch weit voneinander entfernte Repeater Handfunkgeräte innerhalb ihrer Reichweite in ein Netz von Walkie-Talkies einbinden.

Woher kommen die betroffenen Geräte?

Die Geräte, die in Libanon explodierten, tragen die Typen-Bezeichnung IC-V82 des japanischen Herstellers Icom. Icom stellt diese Handfunkgeräte aber nach eigener Aussage seit 2014 nicht mehr her, genauso wenig wie die dafür nötigen Akkupacks. Ob es sich bei den nun explodierten Funkgeräten um alte Icom-Walkie-Talkies handelt, ist unklar, denn es gibt davon auch viele Fälschungen.

Auf Ebay werden unter anderem von chinesischen Anbietern Geräte mit diesem Markennamen angeboten. Ob es sich um unbenutzte originale oder nachgeahmte Geräte handelt, ist unklar. Laut Icom-Chef Yoshiki Enomoto habe man keine Produktion nach Übersee ausgelagert, alle ihre Geräte würden in einer Fabrik in der Präfektur Wakayama in Westjapan hergestellt, hieß es in einem Firmen-Statement.

Wie lassen sich die Geräte zur Explosion bringen?

Icom hatte schon früher gewarnt, dass die gefälschten Kopien unsicher seien, weil die Batterien Feuer fangen könnten. Bilder von jetzt explodierten Walkie-Talkies legen offenbar nahe, dass diese ihren Ursprung im Batteriefach hatte.

Es wäre also sowohl denkbar, dass manipulierte Batterien die Explosion verursachten, als auch, dass zusätzlich zu den Batterien eine kleine Platine mit einem Sprengsatz eingesetzt wurde, der per Funkbefehl gezündet werden konnte. Da die Batteriepacks sich bei diesen Geräten entnehmen lassen, dürfte eine Manipulation mit Sprengstoff und Zünderplatine mit geringerem Aufwand zu bewerkstelligen sein als bei den kleineren Pagern.

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