Lexikon:Chimären

Die Arbeit japanischer Forscher erinnert an mythische Wesen.

Von Hanno Charisius

Die griechischen Dichter Homer und Hesiod lieferten unterschiedliche Beschreibungen der "Chimaira". Für den einen war es eine Kreatur mit Löwenkopf, Ziegenrumpf und Schlangenhinterleib. Dem anderen schwebte eher ein Wesen mit drei verschiedenen Tierköpfen vor. Mischwesen, vor allem anthropozoomorphe aus Mensch und Tier, bevölkern Mythologie und Kunst sogar noch länger als griechische Epen. Sie treten etwa als Werwölfe, Meerjungfrauen oder Zentauren in nahezu jedem Kulturkreis auf. Wenn nun bald japanische Forscher tatsächlich Chimären aus menschlichen Stammzellen und anderen Säugetieren zu lebensfähigen Wesen heranwachsen lassen, dann hat das mit solchen Fantasiegestalten jedoch nichts zu tun, sondern eher mit Entwicklungen in der Biomedizin, die bei vielen Menschen Unbehagen auslösen. Ziel dieser Experimente, die nun von den Behörden genehmigt wurden, ist es, menschliche Organe in Tieren zu züchten, die als Ersatz Patienten eingepflanzt werden können. Die Forscher wollen zunächst menschliche Zellen in Maus- oder Rattenembryonen spritzen und diese von Muttertieren bis kurz vor der Geburt austragen lassen. Es geht zuerst darum zu lernen, wie sich die verschiedenen Zellen vertragen. Ob dabei jemals brauchbare Organe entstehen, ist dementsprechend ungewiss.

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