Staatsanwaltschaft Neuruppin ermittelt:Bundesweite Razzia bei Aktivisten der "Letzten Generation"

Die Polizei ist in mehreren Bundesländern im Einsatz. Der Vorwurf lautet "Bildung einer kriminellen Vereinigung".

Ermittler der Polizei haben am Dienstag Räume von Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" durchsucht. An elf Orten in mehreren Bundesländern sei es zu Durchsuchungen gekommen, teilte die Staatsanwaltschaft Neuruppin (Brandenburg) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe mit. Als konkrete Städte wurden Leipzig, Cottbus und Mannheim bekannt.

Ermittelt werde gegen elf Personen wegen Störung öffentlicher Betriebe, so die Staatsanwaltschaft. Geprüft werde auch der Verdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Zu Festnahmen sei es nicht gekommen. Fünf der Mitglieder, bei denen es Durchsuchungen gegeben habe, säßen derzeit in Gefängnissen im sogenannten präventiven Gewahrsam, um weitere Taten zu verhindern.

Die Klimaaktivisten berichteten zuvor auf Twitter, dass es von fünf Uhr an Hausdurchsuchungen gegeben habe. Elektronische Geräte wie Laptops und Handys seien konfisziert worden, ebenso Plakate. Betroffen seien Wohnungen und andere Räume in Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Laut Aimée van Baalen von der "Letzten Generation" seien bei der Razzia zum Teil auch Hunde eingesetzt worden.

Carla Hinrichs, Sprecherin der Gruppe, twitterte am Dienstagvormittag: "Ja, das ist beängstigend, wenn die Polizei deinen Kleiderschrank durchwühlt. Aber denkt ihr ernsthaft, dass wir jetzt aufhören werden?" In einem weiteren Tweet der Gruppe heißt es: "Die Regierung führt uns in den Klimakollaps, in die unwiederbringliche Zerstörung unserer Lebensgrundlagen und der unserer Kinder. Wir weisen darauf hin. Und wir werden das auch unverändert weiter machen. Denn wir sind die letzte Generation, die das tun kann."

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Neuruppin steht die Razzia im Zusammenhang mit Aktionen der Klimaaktivisten an der PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt im Frühjahr. Mitglieder der Gruppe, die jede Art von fossiler Energie und auch den Betrieb der Raffinerie in Schwedt ablehnt, drehten immer wieder Sperrventile an Leitungen in der Region ab - so auch unter anderem im Mai, wie die "Letzte Generation" selbst mitteilte.

Die Bildung einer kriminellen Vereinigung könne, so die Staatsanwaltschaft, dadurch gegeben sein, wenn sich Beschuldigte wiederholt zu Straftaten verabredeten. Die Gruppe erwiderte: "Seit einem Jahr sehen wir Einschüchterungsversuche, Versuche unser Handeln zu unterbinden, Versuche uns mundtot zu machen. Wir wurden beschimpft, verurteilt, ins Gefängnis gesperrt. Mit den Ermittlungen wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung erreicht dies ein neues Niveau." Das eigentliche Problem sei vielmehr das Handeln der Regierung in der Klimakrise: "Das ist Rechtsbruch. Das ist verfassungswidrig. Das ist kriminell." Unterstützung kam bei Twitter von anderen Umweltinitiativen wie Fridays for Future, Extinction Rebellion und Attac, die die Durchsuchungen verurteilten.

Immer wieder machen die Aktivisten der "Letzten Generation" auch mit Blockaden von Straßen von sich reden, bei denen sie sich auf dem Asphalt ankleben. Nach dem Eindringen von einigen Mitgliedern auf Rollfelder war zudem der Flugverkehr an den Flughäfen in Berlin und München gestört. In vielen Museen besprühten Aktivisten Kunstwerke mit Flüssigkeiten und klebten sich dort an, um auf ihr Anliegen für mehr Klimaschutz aufmerksam zu machen.

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