Letzte Formalie:Bundestag stimmt Kroatiens EU-Beitritt zu

Keine Gegenstimme: Der Bundestag hat für einen Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union votiert. Am 1. Juli soll das Land offizielles Mitglied werden. Bundestagspräsident Lammert forderte aber, Kroatien müsse das vorerst letzte Beitrittsland sein, damit die EU ihre "notwendige Konsolidierung" vornehmen könne.

Der Bundestag hat den Weg für Kroatiens EU-Beitritt freigemacht. Die Abgeordneten billigten den Beitrittsvertrag, mit dem das Balkanland zum 1. Juli das 28. Mitglied der Europäischen Union wird.

Eine parteiübergreifende Mehrheit von 583 Abgeordneten votierte dafür, die ehemalige jugoslawische Teilrepublik aufzunehmen. Gegenstimmen gab es nicht, lediglich sechs Parlamentarier enthielten sich. Trotz deutlicher Kritik an der momentanen EU-Politik stimmte auch die Linke für den Vertrag. Ihr Abgeordneter Thomas Nord erklärte, der EU-Beitritt Kroatiens bedeute eine Friedensperspektive für den gesamten West-Balkan.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach von einer historischen Entscheidung. "Nur anderthalb Jahrzehnte nach Krieg, schweren Menschenrechtsverletzungen und Vertreibung integrieren wir Kroatien in das große europäische Friedensprojekt." Trotz der Krise sei die Anziehungskraft der EU ungebrochen, betonte Westerwelle. "Die europäische Perspektive ist der Treibstoff für den Reformmotor in unserer Nachbarschaft."

Die Zustimmung der nationalen Parlamente in der EU - wie nun im Bundestag - ist die letzte Formalität, bevor das Land mit seinen etwa 4,2 Millionen Einwohnern in die EU aufgenommen wird. Den entsprechenden Vertrag hatten die Staats- und Regierungschefs der Union bereits im Dezember 2011 unterzeichnet.

Nach Slowenien ist Kroatien die zweite der sechs ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken in der EU. Kroatien wird künftig auch einen Kommissar in der EU-Kommission stellen: Neven Mimica soll dort für Verbraucherschutz zuständig sein.

Aktuelle Sorge des Landes ist seine schwierige wirtschaftliche Lage. Die EU fordert zudem Fortschritte im Kampf gegen Korruption. Einige Parlamentarier machten aus ihrer Skepsis keinen Hehl. "Ich halte den Beitritt Kroatiens zum vorgesehenen Zeitpunkt für vertretbar, teile aber die Einschätzung ausdrücklich nicht, dass alle Voraussetzungen schon erfüllt sind", sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) der Welt vom Donnerstag. Kroatien müsse einstweilen das letzte Beitrittsland sein, damit die EU ihre "notwendige Konsolidierung" vornehmen könne.

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