Baltikum:Lettland hat ein neues Staatsoberhaupt

Baltikum: 49 Jahre alt, Liberal-Konservativer und seit bald 30 Jahren Politiker: Lettlands neuer Präsident Edgars Rinkēvičs.

49 Jahre alt, Liberal-Konservativer und seit bald 30 Jahren Politiker: Lettlands neuer Präsident Edgars Rinkēvičs.

(Foto: Gints Ivuskans/AFP)

Das Parlament des Nachbarlandes von Russland und Belarus einigt sich mit knapper Mehrheit auf einen neuen Präsidenten: Edgars Rinkēvičs ist ein profilierter Außenpolitiker.

Von Viktoria Großmann, Warschau

Lettland hat einen neuen Präsidenten - und eine Regierungskrise scheint vorerst abgewendet zu sein. Allerdings braucht das Land nun einen neuen Außenminister.

Die Saeima, das lettische Parlament, stimmte am Mittwoch über drei Kandidaten ab, schon in der dritten Runde fand sich eine Mehrheit für Edgars Rinkēvičs. Der 49-Jährige ist einer der dienstältesten Außenminister in der EU, bereits seit 2011 im Amt. Er gehört der liberal-konservativen Partei von Ministerpräsident Krišjānis Kariņš an, der Neuen Einheit, die im vergangenen Herbst erneut die Parlamentswahl gewonnen hatte. Kariņš neue Mitte-rechts-Regierung war im Dezember angetreten. Die Drei-Parteien-Koalition hält in der Saeima mit 54 von 100 Sitzen nur eine schmale Mehrheit. Nach einem Streit um den Präsidentschaftskandidaten möchte der Premier seine Koalition nun erweitern.

Die Koalitionspartner stritten über den richtigen Kandidaten

Dass Präsident und Premierminister aus derselben Partei stammen, ist ein Novum in Lettland. Auch deshalb gab es Streit über die Kandidaten. Der noch amtierende Präsident Egils Levits hatte schon vor einigen Wochen erklärt, nicht für eine weitere Amtszeit antreten zu wollen. Die drei Koalitionspartner konnten sich nicht auf einen Kandidaten einigen, Kariņš musste in der Opposition um Stimmen werben. Mit deren Unterstützung erhielt Rinkēvičs 52 Stimmen - eine knappe Wahl.

Rinkēvičs wird seine Parteimitgliedschaft nun ruhen lassen, das verlangen die Regeln. Er werde ein neutraler Präsident sein, erklärt er. Die politischen Lager sind zerstritten. Eines der wichtigsten Themen dabei ist die lettische Wirtschaft. Sie kommt weniger gut durch die Krise, die der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelöst hat, als die der beiden baltischen Nachbarn. Streit gab es auch über Bildungsthemen oder den Umgang mit der russischsprachigen Minderheit.

Kaum umstritten ist dagegen der außenpolitische Kurs, für den Edgars Rinkēvičs steht. Und der verspricht eine bedingungslose Solidarität mit der um ihre Souveränität kämpfenden Ukraine, dem ehemaligen Bruderland zu Zeiten der Sowjetunion. Etwa ein Prozent seines Bruttoinlandsproduktes gibt Lettland allein für die Unterstützung der Ukraine aus, noch mehr fließt in die eigene Verteidigung. Rinkēvičs' Haltung dazu: Je später und je zögerlicher die militärische Unterstützung, desto teurer wird es letztendlich.

Rinkēvičs pflegt einen umgänglichen Politikstil

Der Liberal-Konservative tritt dabei - anders als etwa polnische Politiker - überlegt und umgänglich auf. Vorwürfe und Gehässigkeiten gegenüber westlichen Verbündeten, beispielsweise Deutschland, sind nicht seine Art. Es sei verführerisch, jetzt "Wir haben es früher gewusst" zu sagen, aber das nütze keinem, sagte Rinkēvičs im Februar in einem Interview mit der Deutschen Welle. Er machte darin sowohl deutlich, dass Deutschland und andere westliche EU-Länder zu lange "nicht erkannt haben, dass die Neunziger vorbei sind", sich zu lange Illusionen gemacht hätten. Gleichzeitig erkannte er an, dass Deutschland bei der Unterstützung der Ukraine viel leiste. Er sei mit seiner Kollegin, der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock, im Wesentlichen auf einer Linie.

Mit Rinkēvičs als Staatsoberhaupt verliert die lettische Regierung einen ihrer erfahrensten und profiliertesten Minister. Kurz war er Journalist beim öffentlich-rechtlichen Radiosender Latvijas, seit 1995 aber arbeitet Rinkēvičs durchgehend für verschiedene lettische Ministerien. In den Neunzigern verhandelte der Politikwissenschaftler Lettlands Aufnahme in die Nato mit. Auch das neue Amt ist ihm nicht ganz fremd, drei Jahre arbeitete er in der Kanzlei des Präsidenten.

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