Lettland:Harmonie soll nicht im Spiel sein

Lesezeit: 2 min

Bei den Parlamentswahlen in dem baltischen Land geht die pro-russische Partei als stärkste hervor. Aber wie auch früher schon, will keiner von den anderen mit ihr eine Regierung bilden.

Bei der Parlamentswahl in Lettland hat die Mitte-rechts-Regierung ihre Mehrheit verloren. Als Sieger aus der Abstimmung in dem baltischen EU- und Nato-Land geht die pro-russische Oppositionspartei Harmonie hervor, wie die Wahlkommission in Riga in der Nacht zum Sonntag nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen mitteilte. Die linksgerichtete Kraft, die viele Anhänger unter der starken russischen Minderheit in dem zwei Millionen Einwohner zählenden Ostseestaat hat, kommt auf etwa 20 Prozent der Stimmen. Dahinter folgen drei neugegründete Parteien.

Das bisher regierende Bündnis der Bauern und Grünen von Ministerpräsident Maris Kucinskis erhielt dagegen nur zehn Prozent. Auch dessen zwei Bündnispartner, die nationalkonservative Partei Nationale Allianz und die liberalkonservative Jauna Vienotiba, mussten deutliche Verluste einstecken. Die Mitte-rechts-Regierung hat damit ihre Mehrheit verloren - dies zeichnete sich jedoch bereits in den Umfragen vor der Wahl ab.

"Harmonie war, ist und wird Lettlands bedeutendste Partei sein", sagte ihr Spitzenkandidat Vjaceslavs Dombrovskis in der Wahlnacht im Fernsehen. Die Partei kann auf Rückhalt bei den Letten mit russischen Wurzeln zählen, sie machen etwa ein Viertel der Bevölkerung aus. Schon bei den beiden vergangenen Wahlen hatte die Moskau-freundliche Harmonie die meisten Stimmen gewonnen. Sie wurde aber bei der Regierungsbildung jeweils außen vor gelassen. Auch dieses Mal schlossen fast alle Kräfte eine Zusammenarbeit mit Harmonie aus, die sich zuletzt ein stärker sozialdemokratisches Profil verpasst hat.

Schon bei den vergangenen Regierungsbildungen blieben die Moskau-Freundlichen draußen

Die großen Gewinner waren drei neue Gruppierungen, die alle erstmals in das Parlament einziehen werden: die populistische KPV LV und die Neue Konservative Partei. Letztere positionierte sich als Vorkämpferin gegen Korruption. Beide Parteien gewannen je rund 14 Prozent der Stimmen. Die liberale Partei "Für die Entwicklung / Dafür!" kam auf etwa zwölf Prozent.

Sieben Parteien schafften den Einzug in die Volksvertretung Saeima. Es wird mit längeren Koalitionsverhandlungen gerechnet. Die Bildung der neuen Regierung könnte ein ziemlich komplizierter Prozess werden, sagte Ministerpräsident Kucinskis nach der Wahl. Experten hielten eine breite Koalition von konservativen Parteien und Kräften aus der politischen Mitte für die wahrscheinlichste Lösung. Der Parteichef von Harmonie, Rigas Bürgermeister Nils Ushakovs, zeigte sich am Samstagabend siegessicher: Ohne Harmonie sei die Bildung einer "stabilen" und arbeitsfähigen Regierung nicht möglich, sagte er.

Zu der Wahl waren 16 Parteien und Bündnisse angetreten. Mit 54,6 Prozent lag die Beteiligung auf ihrem niedrigsten Stand bei Parlamentswahlen seit Lettland 1991 die Unabhängigkeit von der Sowjetunion wiedererlangt hat. Wahlberechtigt waren gut 1,5 Millionen Bürger.

© SZ vom 08.10.2018 / dpa, afp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: