Süddeutsche Zeitung

Leopard-Bestellung aus Saudi-Arabien:Opposition zerpflückt Merkels Panzerdeal

Bisher bekam Saudi-Arabien solche Waffenlieferungen nicht - jetzt hat die Regierung Merkel offenbar den Export von 200 Leopard-Panzern an das Königreich gebilligt. Die Opposition ist empört, warnt vor Risiken für Israel und einem Wettrüsten mit Iran.

Peter Blechschmidt

Die Bundesregierung hat laut einem Bericht des Spiegel den Export von mehr als 200 Leopard-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien grundsätzlich gebilligt. Die Entscheidung sei in der vorigen Woche im geheim tagenden Bundessicherheitsrat gefallen, berichtet das Blatt in seiner neuen Ausgabe. Eine offizielle Bestätigung gab es nicht. Ein Regierungssprecher verwies am Sonntag in Berlin auf die strikte Geheimhaltung in dem Gremium und lehnte eine Stellungnahme ab. Politiker der Opposition wandten sich entschieden gegen eine Panzer-Lieferung nach Saudi-Arabien.

Laut Spiegel wollen die Saudis die modernste Version des Leopard kaufen, den Typ 2A7. Das im Militärjargon kurz Leo genannte Kettenfahrzeug gilt als bester Panzer der Welt und ist ein Exportschlager der deutschen Rüstungsindustrie. Der in München ansässige Hersteller Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) bezeichnet den Typ 2A7 als den "Kampfpanzer des 21. Jahrhunderts". Mit ihm habe eine Armee das bestmögliche Mittel, asymmetrischen Bedrohungen durch Terroristen und versteckten Sprengsätzen zu begegnen.

Das Königreich hat zuletzt mit Panzern dem benachbarten Bahrain geholfen, Proteste gegen die autoritäre Führung niederzuschlagen.

Saudi-Arabien hatte schon mehrmals Leopard-Panzer kaufen wollen, doch wurde dies von der Bundesregierung bisher stets unter Verweis auf eine mögliche Gefährdung Israels abgelehnt. Inzwischen fühle sich Israel jedoch durch Panzer in Saudi-Arabien nicht mehr gefährdet, heißt es im Spiegel.

Das kann der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, allerdings nicht nachvollziehen. Die Bedrohung für Israel sei keineswegs geringer geworden, sagte Mützenich am Sonntag der Süddeutschen Zeitung. Nach wie gebe es keinen Friedensvertrag zwischen den beiden Staaten, und Saudi-Arabien unterstütze israel-feindliche terroristische Gruppen. Generell seien Rüstungsexporte in den Nahen und Mittleren Osten nicht akzeptabel. Er sehe die Gefahr, dass ein neuer Rüstungswettlauf zwischen Saudi-Arabien und Iran in Gang gesetzt werde. "Wir sollten dafür sorgen, dass dort Entspannung möglich wird. Das kriegt man mit 200 Leos nicht hin", sagte Mützenich.

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katja Keul, sagte zu der Nachricht vom geplanten Panzer-Export: "Das macht mich sprachlos." Angesichts des geringen Stellenwerts, den die Menschenrechte in Saudi-Arabien hätten, dürfe man keine Kriegswaffen oder andere Rüstungsgüter dorthin liefern, sagte Keul der SZ. Die Grünen wollten sich in dieser Woche um Aufklärung bemühen.

Die Linke kündigte an, sie wolle eine aktuelle Stunde im Bundestag zu dem Thema beantragen. "Die schlimmsten Unterdrücker bekommen die tödlichsten deutschen Panzer - das ist Merkels Beitrag zum arabischen Frühling", erklärte deren Rüstungsexperte Jan van Aken. Saudi-Arabien gehöre zu den schlimmsten Menschenrechtsverletzern in der Region.

Bislang zählt Deutschland nicht zu den großen Waffenlieferanten Saudi-Arabiens. Nach dem jüngsten Rüstungsexportbericht der Bundesregierung wurden im Jahr 2009 Ausfuhren im Wert von 167,9 Millionen Euro genehmigt. Dabei handelte es sich vorwiegend um Radareinrichtungen, Ausrüstungen für Flugzeuge und Raketen, Teile für Kommunikationssysteme und um Munition.

Insgesamt hat die Bundesregierung 2009 Rüstungsexporte im Wert von 5,043 Milliarden Euro genehmigt. 51 Prozent der Güter gingen in EU-, Nato- und Nato-gleichgestellte Länder, 49 Prozent in sogenannte Drittstaaten. Unter den Rüstungsexportnationen der Welt rangiert Deutschland hinter den USA und Russland mit einem Anteil von elf Prozent auf dem dritten Platz.

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SZ vom 04.07.2011/leja
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