Süddeutsche Zeitung

Leitkultur-Debatte:Zwang zum Deutschlernen

Nur wer den Sprachtest besteht, darf bleiben: Um Zuwanderer zum Deutschlernen anzuhalten, setzen Union und FDP auf ein schärferes Ausländerrecht. Die Opposition sieht darin eine "Zwangsgermanisierung".

Roland Preuß

Union und FDP wollen das Ausländerrecht verschärfen, um Zuwanderer zum Deutschlernen anzuhalten. Dies geht aus einem Änderungsantrag der innenpolitischen Sprecher von Union und FDP, Hans-Peter Uhl und Gisela Piltz hervor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Demnach sollen neu Zugewanderte so lange eine nur vorübergehende Aufenthaltserlaubnis erhalten, bis sie den Sprachtest in ihrem Integrationskurs bestanden haben. Die Aufenthaltserlaubnis solle "auf höchstens ein Jahr befristet werden", heißt es in dem Änderungsantrag zu einem Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums.

Neuzuwanderer müssen bereits jetzt einen Integrationskurs besuchen, allerdings reicht eine regelmäßige Teilnahme am Unterricht. Wer nicht erscheint, kann im Nachhinein sein Aufenthaltsrecht verlieren. Die Regelung betrifft nur Migranten aus Staaten mit Visapflicht wie etwa Türken oder Ägypter. Die Koalitionsfraktionen wollen so garantieren, dass die Zuwanderer am Ende ihres Integrationskurses auch tatsächlich Deutsch sprechen können.

Im Zuge der Sarrazin-Debatte hatte Kanzlerin Angela Merkel angekündigt, strenger mit Integrationsverweigerern verfahren zu wollen. Dies soll mit der geplanten Regelung nun offenbar umgesetzt werden. Der Antrag sieht zudem ein neues Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche vor. Diese sollen die Möglichkeit zum Aufenthalt erhalten, wenn sie seit mindestens sechs Jahren im Land leben, erfolgreich eine Schule besuchen oder einen Abschluss geschafft haben und als integrationsbereit gelten. Ob sie ein Aufenthaltsrecht bekommen, soll jedoch im Ermessen der Behörden bleiben.

Das Bundesinnenministerium begrüßte den Vorstoß. Ein Sprecher sagte, das Aufenthaltsrecht vom Erfolg im Integrationskurs abhängig zu machen "kann einen zusätzlichen Anreiz geben, sich zügig in die Lebensverhältnisse in Deutschland zu integrieren".

Die migrationspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sevim Dagdelen, kritisierte die Pläne scharf. Den Aufenthalt von Sprachkenntnissen abhängig zu machen, sei "vollkommen inakzeptabel", sagte sie. Menschen, die wegen einer Heirat nach Deutschland zögen, würden schlechter behandelt als Fachkräfte, die keinen Sprachtest bestehen müssten. "Das erinnert an soziale Selektion" und sei "Zwangsgermanisierung".

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Quelle:
SZ vom 10.03.2011/mikö
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