Süddeutsche Zeitung

Leistungen für Geflüchtete:Zurück zur Sache

Andrea Nahles will Geldleistungen für Asylbewerber kürzen - stattdessen soll ehrenamtliches Engagement gefördert werden.

Von Jan Bielicki

Asylbewerber, die in Wohnungen untergebracht sind, sollen im nächsten Jahr weniger Geld vom Staat erhalten, Flüchtlinge, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, dagegen etwas mehr. Nach Plänen von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll ein allein in einer Wohnung lebender Flüchtling dann statt bisher 354 Euro nur noch 332 Euro im Monat bekommen, wie aus Kreisen der Bundesregierung bekannt wurde. Im Gegenzug muss ein Asylbewerber dann nicht mehr für Strom und Instandhaltung der Wohnung zahlen. Bisher bekommen Flüchtlinge dafür einen Pauschalbetrag innerhalb des Leistungssatzes, der für ihren "notwendigen Bedarf" vorgesehen ist, künftig soll Strom als vom Staat bezahlte Sachleistung aus der Steckdose kommen. Dadurch sinken die Leistungssätze, nicht aber die materiellen Leistungen für Asylbewerber. Hintergrund der geplanten Regelung ist die Absicht der Koalition, Flüchtlingen weniger Geld zukommen zu lassen und wieder stärker auf Sachleistungen zu setzen. Das soll es unter anderem erschweren, dass Schlepper bei den Flüchtlingen Geld für die illegale Fluchthilfe eintreiben können.

Angehoben werden sollen dagegen die Leistungen für den "notwendigen persönlichen Bedarf" wie etwa Fahrkarten oder Telefonate, die viele Asylbewerber nach wie vor als Geldzahlung bekommen - auch viele derjenigen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben und Verpflegung und Kleidung generell als Sachleistung erhalten. Dieses sogenannte Taschengeld, erst im März gekürzt, soll im nächsten Jahr für alleinstehende Flüchtlinge von 135 auf 145 Euro steigen - eine Anpassung, zu der der Gesetzgeber verpflichtet ist, um das Existenzminimum der Flüchtlinge zu sichern. Die im Asylbewerberleistungsgesetz vorgesehenen Beträge werden darum analog zu den Hartz-IV-Sätzen regelmäßig auf der Grundlage einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamts neu festgesetzt.

Fördern will Nahles den ehrenamtlichen Einsatz von Flüchtlingen. Wer sich etwa in Vereinen engagiert, soll von seiner Ehrenamtspauschale 200 Euro im Monat behalten dürfen, ohne dass die Sozialleistungen gekürzt werden. Ein Sprecher des Arbeitsministeriums bestätigte, dass der Entwurf für eine Anpassung der Asylbewerberleistungen derzeit zwischen den Kabinettsressorts abgestimmt wird. Erst am Montag hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass Ende 2015 fast eine Million Flüchtlinge staatliche Asylbewerberleistungen erhielten.

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Quelle:
SZ vom 08.09.2016
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