Leipzig:Krawalle am Vorabend von "Tag X"

Leipzig: Polizisten laufen eine Straße in Leipzig entlang.

Polizisten laufen eine Straße in Leipzig entlang.

(Foto: Sebastian Willnow/dpa)

Die für Samstag geplante Solidaritätsdemo für die verurteilte Studentin Lina E. bleibt verboten. In Leipzig brennen Barrikaden und mehrere Polizisten werden leicht verletzt.

Vor einem linksautonomen Solidaritätstag für die verurteilte Studentin Lina E. haben Vermummte in Leipzig Polizisten angegriffen. Nach zunächst friedlichem Verlauf einer Versammlung am Wiedebachplatz im Stadtteil Connewitz flogen aus einer Menge von mehreren Hundert Vermummten heraus plötzlich Steine und Pyrotechnik auf Beamte, wie eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur beobachtete. Sowohl dort als auch in Nebenstraßen brannten Barrikaden aus Mülltonnen und Baustellenabsperrungen. Die Polizei setzte Tränengas ein und wurde nach eigenen Angaben von Hausdächern "mit Gegenständen beworfen".

In sozialen Netzwerken hatte es aus der linken Szene einen Aufruf zum "Massencornern" gegeben, also zu größeren Versammlungen, um trotz des Verbots der sogenannten Tag X-Demo am Samstag Solidarität mit der Studentin Lina E. zu zeigen. Der "Tag X" galt als Reaktion auf das Urteil gegen die 28-Jährige und drei Mitangeklagte wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis.

Die Polizei bereitete in Vorahnung drohender Ausschreitungen einen Großeinsatz vor. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) zeigte sich angesichts zahlreicher Gewaltaufrufe in sozialen Medien besorgt um die Sicherheit in der Messestadt. Zwar waren die meisten brennenden Barrikaden kurz nach Mitternacht gelöscht, teils mithilfe von Wasserwerfern. Im Verlauf der Nacht wurden laut Polizei aber weiter "Straftaten begangen". Demnach wurden mehrere Beamte leicht verletzt, einer sei zur Behandlung ins Krankenhaus gekommen.

Ein Journalist sei von einer unbekannten Person attackiert und leicht verletzt worden. Bis zum frühen Morgen habe es drei vorläufige Festnahmen wegen schweren Landfriedensbruchs gegeben. "Es wurden Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte, Sachbeschädigung sowie eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz aufgenommen", teilte die Polizei mit.

Die am Samstag geplante linksautonome Demonstration bleibt verboten

Das Quartett um Lina E. war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden wegen Körperverletzung und Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Lina E., die seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft saß, kam nach der Urteilsverkündung vorläufig frei - zur Begründung verwies das Gericht auf eine Rheuma-Erkrankung der 28-Jährigen und eine Vorverurteilung infolge medialer Berichterstattung.

Eine am Samstag geplante linksautonome Demonstration bleibt zudem verboten. Das Verwaltungsgericht in Leipzig wies am späten Freitagnachmittag einen Eilantrag gegen das Verbot durch die Stadt zurück. Beim sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen ging am Abend eine Beschwerde dagegen ein, die letztlich ebenfalls abgelehnt wurde.

Die Stadt Leipzig hatte die "Tag X"-Demo mit dem Motto "United we stand - Trotz alledem, autonomen Antifaschismus verteidigen!" verboten, weil ein unfriedlicher Verlauf zu befürchten sei. Grundlage dafür waren Gefahrenprognosen der Polizei und Lageeinschätzungen des Verfassungsschutzes. In linken Kreisen war bundesweit mobilisiert worden. Laut Polizei gab es auch Gewaltandrohungen und Aufrufe zur Militanz.

Das Verwaltungsgericht erklärte, es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung auszugehen. Insofern habe sich die Gefahrenprognose der Stadt als zutreffend erwiesen. Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Mobilisierung im Internet einschließlich des Demonstrationsaufrufs auch an eine gewaltbereite autonome linksextremistische Szene gerichtet habe. Auch wenn es inzwischen eine Distanzierung von Gewaltaufrufen gegeben habe und zuletzt zu einer friedlichen Demonstration aufgerufen worden sei, bleibe zu befürchten, dass aus der angemeldeten Versammlung heraus Gewalttaten begangen würden.

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