Leiche des Deutschen untersucht:Geisel starb durch Schüsse

Der in Afghanistan entführte Deutsche Rüdiger D. starb nicht an einem Kreislaufzusammenbruch, wie zuerst angenommen. Er wurde von seinen Entführern ermordet.

Nico Fried

Der in Afghanistan verschleppte Deutsche Rüdiger D. ist von seinen Entführern erschossen worden. Das ergab die Obduktion der Leiche des 44-Jährigen in Deutschland. Zunächst war angenommen worden, er sei womöglich an Herzschwäche gestorben.

Wegen der Geiselnahmen wächst der Widerstand gegen die Afghanistan-Politik der Bundesregierung. Fast zwei Drittel der Bundesbürger fordern den Rückzug der Bundeswehr. Das Schicksal des zweiten Deutschen wie auch der 21 südkoreanischen Geiseln ist weiter ungewiss.

Das Auswärtige Amt teilte am Donnerstag mit, die Obduktion habe ergeben, dass Rüdiger D. erschossen wurde. "Aufgrund der extremen Belastungssituationen während der Entführung kam es zunächst zu einem Kreislaufzusammenbruch", sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger, unter Berufung auf den Bericht des Kölner Instituts für Rechtsmedizin.

"Dieser Kollaps führte aber für sich genommen noch nicht zum Tod der Geisel. Auf das noch lebende Opfer wurde nach dessen Zusammenbruch zwei Mal geschossen." Auf das tote Opfer seien dann noch vier weitere Schüsse abgegeben worden.

Steinmeier reagiert erschüttert

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reagierte erschüttert auf das Obduktionsergebnis. "Die letzten Stunden des Verstorbenen waren ein Martyrium. Seine Entführer haben ihn grausam in den Tod getrieben, seinem Leben schließlich in verbrecherischer Weise ein Ende bereitet", sagte Steinmeier auf seiner Afrikareise.

Aufgrund der Informationen von Mittelsmännern und freigelassener Geiseln war das Auswärtige Amt davon ausgegangen, dass der Bauingenieur aus Mecklenburg-Vorpommern an Erschöpfung gestorben sei. Er litt an Diabetes. Bei der Bergung seiner Leiche wurden die Schusswunden festgestellt.

Nach der Entführung zweier Deutscher und einer Gruppe von 23 Südkoreanern schwindet unterdessen bei den Bundesbürgern der Rückhalt für das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan. Dies könnte sich auch auf die im Herbst anstehende Verlängerung des Mandats am Hindukusch auswirken.

Mehrheit der Deutschen will raschen Abzug

64 Prozent der Deutschen wollen nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage für die ARD einen raschen Abzug der deutschen Soldaten. Dies sind zehn Prozentpunkte mehr als noch vor einem Monat. Nur 33 Prozent (minus elf Prozentpunkte) sind diesen Zahlen zufolge noch dafür, dass die Bundeswehr in Afghanistan bleibt.

Geisel starb durch Schüsse

Die Bundesregierung will sich bei der Entscheidung über die Verlängerung des Bundeswehr-Einsatzes allerdings nicht durch die Entführungen beeinflussen lassen. Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) sagte, die radikal-islamischen Talibankämpfer wollten mit Geiselnahmen und Selbstmordanschlägen den Prozess in Richtung Sicherheit und Entwicklung stören.

"Deshalb müssen wir mit Entschlossenheit fortfahren", forderte er in der Passauer Neuen Presse. Die Regierung werde im Herbst die neuen Mandatsentwürfe vorlegen. In dem Land seien bei allen Rückschlägen auch gewaltige Fortschritte gemacht worden.

Im Herbst muss der Bundestag nach derzeitigem Stand über drei Mandate entscheiden: Den Einsatz von 3000 Soldaten im Rahmen der Internationalen Sicherheitstruppe (Isaf), die Aufklärungsflüge der Tornados, sowie die deutsche Beteiligung am Anti-Terror-Mandat Operation Enduring Freedom (OEF). Gegen OEF gibt es vor allem in der SPD starke Vorbehalte.

"Geduld und Ruhe"

Mit Blick auf die Bemühungen der deutschen Regierung, den seit nunmehr zwei Wochen entführten Rudolf B. zu befreien, mahnte de Maizière zu Geduld und Ruhe. "Je mehr wir über die Geiselnahme reden, desto mehr betreiben wir das Geschäft der Geiselnehmer", sagte er. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes arbeite mit Hochdruck.

Im Fall der südkoreanischen Geiseln wird es vorerst offenbar nicht zu einem gewaltsamen Befreiungsversuch kommen. Die USA und Südkorea haben sich nach Angaben aus diplomatischen Kreisen darauf verständigt, die Befreiung mit friedlichen Mitteln anzustreben. Die Taliban hatten 23 südkoreanische Aufbauhelfer verschleppt, zwei von ihnen haben sie in den vergangenen Tagen getötet.

Die Islamisten verlangen die Freilassung von inhaftierten Kämpfern, was die Regierung in Kabul ebenso wie die USA ablehnen. Eine Gruppe von acht südkoreanischen Parlamentsabgeordneten machte sich zu einem Besuch in Washington auf, um die USA zu überreden, von dieser harten Position abzuweichen.

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