Lehrermangel:Na und?

Die Notstandsmeldungen aus den Schulen sind nicht nur unerträglich - sondern leider längst auch Routine.

Von Paul Munzinger

Die Notstandsmeldungen aus den Schulen sind längst das geworden, was sie nie hätten werden dürfen: Routine. Alle Jahre wieder ist von Pensionären zu lesen, die in die Klassen zurückgerufen werden; von Gymnasiallehrern, die in Grundschulen abgeordnet werden; von Quereinsteigern, die zwar kein Lehramtsstudium absolviert haben, aber in manchen Bundesländern verhindern sollen, dass das System nicht zusammenbricht. Der Lehrermangel ist in Deutschland zum Normalzustand geworden, der Unterrichtsausfall zum Alltag.

Die Politik hat das geschehen lassen. Sie hat darauf vertraut, dass sich das Problem mit den sinkenden Geburtenraten von selbst löst. Das war ein Trugschluss. Die Länder müssen vom Löcherstopfen zur langfristigen Planung übergehen und ihre Angst vor bundesweiten Lösungen ablegen, etwa einer zentralen Jobbörse für Lehrer. Wie kann es sein, dass keiner genau weiß, wie viel Unterricht an deutschen Schulen Tag für Tag wegen Lehrermangels ausfällt? Wie kann es sein, dass Gymnasiallehrer keine Jobs finden und Grundschulen keine Lehrer?

Denn das größte Problem dieser Entwicklung ist leicht zu übersehen, wenn pauschal vom "Lehrermangel" gesprochen wird: Am härtesten treffen die Ausfallerscheinungen des Schulsystems Grundschulen, Hauptschulen und Förderschulen - und damit die Kinder, die einen guten Lehrer am dringendsten brauchen.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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