Lehrermangel:Zu wenig Zeit im Klassenzimmer

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Viel Arbeit, aber wenig Zeit für Schüler: Auch das macht den Lehrerberuf unattraktiv. (Foto: Frank Hammerschmidt/dpa)

Lehrkräfte machen zwar viele Überstunden, kommen aber trotzdem kaum zum Unterrichten. Wie kann das sein? Laut einer aktuellen Analyse ist ihr Arbeitszeitmodell "ungerecht, unflexibel und ineffizient".

Von Lilith Volkert

Ein bei Bildungspolitikern beliebter Vorschlag, wie sich der Lehrkräftemangel in den Griff kriegen lässt: Alle Lehrerinnen und Lehrer, die man hat, arbeiten ein bisschen länger - und schon ist die Lücke bedeutend kleiner. Vor allem die zahlreichen Teilzeitkräfte sollen mehr in die Pflicht genommen werden, empfahl die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz Anfang des Jahres. Einige Bundesländer haben in letzter Zeit die verpflichtende Unterrichtszeit vorübergehend erhöht.

Lehrerverbände und Gewerkschaften halten das für keine gute Idee. Nicht nur, weil viele Lehrkräfte schon jetzt überlastet seien, sondern auch weil es den dringend benötigten Nachwuchs abschrecke. Sie bekommen nun Argumentationshilfe von einer Analyse der Deutsche Telekom Stiftung, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Mark Rackles, Strategieberater und ehemaliger Berliner Staatssekretär für Bildung, kommt darin zu dem Schluss, dass das vorherrschende Arbeitszeitmodell für Lehrkräfte "ungerecht, unflexibel und ineffizient" sei. Es fördere Mehrarbeit und Überlastung.

50 Stunden arbeiten Lehrkräfte im Durchschnitt in der Woche

Eine Lehrkraft arbeitet demnach durchschnittlich 50 Stunden pro Woche, doch nur ein Drittel dieser Zeit entfällt auf ihre Hauptaufgabe, das Unterrichten. Der Rest geht in Vorbereitung und Korrekturen, aber auch in zahlreiche nicht pädagogische Tätigkeiten. Wolle man, dass Lehrkräfte mehr unterrichten, dann müsse man sie vor allem in den Bereichen IT, Verwaltung und Aufsicht entlasten, empfiehlt Rackles, und nicht ihre Stundenzahl erhöhen. Im internationalen Vergleich arbeiteten Lehrkräfte in Deutschland ohnehin vergleichsweise viel - sie unterrichteten aber deutlich weniger als der Durchschnitt.

Zentraler Kritikpunkt der Analyse ist die Art und Weise, wie die Arbeitszeit von Lehrkräften - seit mehr als 150 Jahren nahezu unverändert - geregelt wird: Sie richtet sich nach dem sogenannten Deputat, also den verpflichtenden Unterrichtsstunden. Je nach Bundesland und Schulform sind das bei einer Vollzeitstelle zwischen 21 und 30 Schulstunden pro Woche.

Ein großer Teil wird nicht als Arbeitszeit erfasst

Was Pädagogen darüber hinaus alles tun - oft ist es der größere Teil ihrer Tätigkeit -, wird nicht als Arbeitszeit erfasst. Für Rackles ist das eine Einladung zur Mehrarbeit und einer der Gründe, warum die Bundesländer wenig Interesse daran zeigen, an der Situation etwas zu ändern. Laut Studie entsprechen die bundesweit geleisteten Überstunden pro Jahr etwa 24 500 Vollzeitstellen. "Was viele als Gejammer von Lehrkräften empfinden, ist empirisch belegt", sagte der ehemalige Staatssekretär bei der Präsentation.

"Das Modell ist schlicht aus der Zeit gefallen", kritisierte Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung. Deutschland könne sich nicht länger ein System leisten, das so ineffizient mit der wertvollen Arbeitszeit von Lehrkräften umgeht. Das Telekom-Papier empfiehlt, an Pilotschulen die Einführung eines Jahresarbeitszeitmodells zu testen, das nicht nur die Pflichtstunden, sondern die vollständige Arbeitszeit der Lehrkräfte erfasst. Das sei durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeiterfassung ohnehin notwendig, so Rackles.

Wie viele Stunden jemand unterrichten muss, soll außerdem nicht wie bisher von der Schulart abhängen, sondern von der Altersstufe und den Fächern. Wird das Arbeitszeitsystem transparenter und gerechter, werde auch der Beruf wieder attraktiver, sagte Rackles. "Wenn wir wollen, dass Teilkräfte aufstocken, müssen wir erreichen, dass sie es freiwillig tun."

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