Diversität:Rollenspiele

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Lego will mehr Spielzeug produzieren, das sich an Mädchen und an Jungs gleichermaßen richtet.

Von David Pfeifer

Zum süßen Schmerz des Erwachsenseins gehört es, nachts in einen Lego-Stein zu treten und sich leise fluchend an die eigene Kindheit zu erinnern. Man kann sich in so einem Moment natürlich auch aufregen, dass der Kleine, oder, bislang deutlich seltener: die Kleine, die Steine hat liegen lassen, aber meistens wird man doch zurückgesaugt in eine Zeit, in der man ebenfalls alles vergaß, nur um dieses eine Schloss oder Raumschiff zusammenzusetzen. Nun hat der dänische Lego-Konzern vergangene Woche verkündet, in Zukunft Spielzeug herstellen zu wollen, das ohne Geschlechts-Stereotype auskommt. Lego veröffentlichte zum "UN International Day of the Girl" eine Studie, für die etwa 7000 Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren und deren Eltern befragt wurden. Von China bis Tschechien, von Japan bis Polen. Das Ergebnis, sehr knapp zusammengefasst: Die Rollenbilder, die in Spielzeug wiedergegeben werden, sind immer noch etwas rückständig.

Und bevor nun die Bewahrer aufjaulen, als seien sie in einen Lego-Stein getreten, dass man die Spiele der Kinder nicht verhunzen solle, und damit doch eher die eigene Kindheit meinen: Es geht bei der Lego-Initiative gar nicht um sehr viel. Auf keinen Fall aber um den Untergang des Abendlandes. Erst mal möchte Lego nur mehr Piratinnen, Polizistinnen und Bauarbeiterinnen in den klassischen Sets anbieten, diversere Szenarien entwickeln, die dann in den Spielwaren-Abteilungen weltweit landen könnten. Es geht also auch ums Geschäft. Mädchen und ihre Eltern sind eine ebenfalls attraktive Zielgruppe und wurden lange genug vernachlässigt oder mit speziellen Produktlinien in die rosa Ecke gedrängt. Und nützen könnte es obendrein den Jungs.

71 Prozent der befragten Jungen machten sich nämlich Sorgen, dass sie gehänselt werden, wenn sie lieber mit Puppen spielen, "und die Eltern machen sich mehr Sorgen um die Jungs als um die Mädchen, wenn sie mit Dingen spielen, die dem anderen Geschlecht zugeordnet werden", so erklärt es Madeline Di Nonno, Vorsitzende des "Geena Davis Institute on Gender in Media", die die Untersuchung leitete. Geena Davis? Ja, es handelt sich um die Oscar-Preisträgerin Geena Davis aus "Thelma & Louise", die sich schon in den 1990er-Jahren als Action-Heldin positionierte. 1995 drehte sie einen Film, der in Deutschland als "Die Piratenbraut" lief. Würde man heute auch eher "Die Piratin" nennen, denn genau das spielt sie darin. Davis hat das Institut 2004 ins Leben gerufen, nachdem sie feststellen musste, dass sie mit ihrer Tochter fast nur Sendungen mit männlichen Protagonisten anschauen konnte.

Vor einigen Monaten bereits hatte Lego ein Set mit knallfarbenen und ansonsten geschlechtsneutral gestalteten Figuren herausgebracht. Es wurde für die LGBQT-Gemeinschaft entworfen, zielt also auf lesbische, schwule, queere oder auch nur besonders designaffine Menschen, denn das "Jeder ist besonders"-Set (346 Teile, ab 18 Jahren) sieht sehr schön aus. Und da Lego-Figuren sich nur durch ihre Bemalung, nicht aber durch Brüste oder Penis definieren, eignen sie sich schon auch gut, um den Kleinen zu erklären, dass Geschlecht eine Zuweisung sein kann. Der Pirat unterscheidet sich von der Piratin bei Lego nur durch einen Bart.

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