Legalisierung von Marihuana:Jeder Joint ein Sparpaket

Kalifornien könnte Marihuana legalisieren. Unterstützt wird der Vorschlag von Milliardären und Polizisten - ihr Argument: Einsparungen in Milliardenhöhe. Doch die US-Regierung läuft Sturm.

Reymer Klüver

Auch Milliardäre mögen Marihuana. Jedenfalls hat der greise New Yorker Hedge-Fonds-Magier George Soros der Initiative, die in Kalifornien den Konsum, Besitz und Verkauf kleiner Mengen von Marihuana erlauben will, Anfang dieser Woche eine Million Dollar gespendet - eine Geldspritze sozusagen auf den letzten Zug. Am kommenden Dienstag, wenn in ganz Amerika Wahltag ist, soll in dem bevölkerungsreichsten US- Bundesstaat in einem Referendum auch über die Legalisierung der Droge abgestimmt werden. Unter dem Namen Proposition 19 ist die Initiative bekannt geworden. Vorschlag Nummer 19.

MARIHUANA-RAUCHER BEI FEIER ZUM UNABHÄNGIGKEITSTAG

Kalifornien ist Vorreiter bei der Legalisierung von Marihuana. Bereits vor 15 Jahren wurde der Konsum der Droge nach einem Bürgerentscheid freigegeben - für medizinische Zwecke.

(Foto: DPA)

Die Befürworter können die Million für ihre Wahlwerbung gut gebrauchen. Auch wenn Kalifornier im Ruf stehen, legendär lax im Umgang mit Drogen zu sein, betrachten sie die Proposition offenkundig bisher mit einer gewissen Skepsis. Den jüngsten Umfragen zufolge will die Hälfte der Wähler gegen Prop 19 stimmen. Allerdings geht aus den Umfragen auch hervor, dass gerade viele junge Leute noch nicht recht wissen, ob sie überhaupt zur Wahl gehen wollen. Sollten sie mobilisiert werden, könnte es doch noch zu einer knappen Mehrheit für Prop 19 langen. Drei Fünftel aller unter 30-Jährigen sind für die Legalisierung von Marihuana.

Soros selbst, das muss korrekterweise gesagt sein, heißt nicht ausdrücklich den Marihuana-Konsum gut. Er sagt lediglich, dass der Kampf gegen diese Droge reine Geld- und Zeitverschwendung sei. "Unsere Marihuana-Gesetze richten mehr Schaden an, als dass sie etwas nutzen", schreibt Soros in einem Meinungsbeitrag ausgerechnet im Wall Street Journal. Die Kriminalisierung habe nicht verhindern können, dass Marihuana zu der in den USA meistgenutzten Droge geworden sei.

Er führt die Argumente der Befürworter an: Die Legalisierung würde den Steuerzahler Milliarden Dollar an Kosten bei der Strafverfolgung sparen. Rund 40 Prozent aller Inhaftierungen im Zusammenhang mit Drogen entfielen auf Festnahmen wegen Marihuanabesitzes. Die Drogenkriminalität würde reduziert, die Macht der Kartelle beschränkt. Die Besteuerung von Marihuana würde zudem weitere Milliarden bringen.

Unterstützung von der Polizei

Tatsächlich hat sich eine ganze Reihe - häufig pensionierter - Polizisten in Kalifornien hinter die Initiative gestellt, vorneweg der ehemalige Polizeichef der Millionenstadt San Jose, Joseph McNamara. "Heute bekommt ein Teenager leichter Pot als Bier", sagt er in einem Fernsehspot für die Initiative. Die Freigabe von Marihuana werde es der Polizei ermöglichen, sich mehr auf den Kampf gegen Gewaltverbrechen und Drogenkartelle zu konzentrieren.

Studien renommierter Forschungsinstitutionen stützen deren Argumente. Die Rand Corporation prophezeit, dass die Marihuana-Freigabe tatsächlich eine Quelle schnellen Geldes für die mexikanischen Drogenkartelle zum Versiegen bringen würde. Aus Kalifornien vertreiben würde es sie indes noch lange nicht. Das Cato Institute schätzt, dass die Strafverfolgung von Vergehen im Zusammenhang mit Marihuana in Kalifornien fast eine Milliarde Dollar im Jahr kostet. Auf der anderen Seite könnten rund 350 Millionen durch zusätzliche Steuereinnahmen erzielt werden.

Legale Medizin

Die Gegner, angeführt von der konservativen kalifornischen Handelskammer, sehen dagegen das Land im Chaos versinken: benebelte Autofahrer, kiffende Kinder und, vor allem, zugedröhnte Beschäftigte. Prop 19 sei nichts als ein "wirrer rechtlicher Albtraum". Sollte das Referendum durchgehen, müssten Arbeitgeber ihren Angestellten den Marihuana- Konsum erlauben, alles andere sei Diskriminierung. Damit wiederum würden sie in den gesamten USA gültige Anti-Drogen-Gesetze verletzen und künftig keine größeren Aufträge der US-Behörden mehr erhalten.

Auch in dem von den Befürwortern erträumten Geldsegen sehen sie nichts als eine Halluzination. Solange Besitz, Verkauf und Konsum von Marihuana durch Bundesgesetze in den USA verboten seien, werde niemand auch nur einen Cent Steuer bezahlen. Denn das wäre sozusagen das Geständnis eines Gesetzesverstoßes, das sich jederzeit gegen sie verwenden ließe. US-Justizminister Eric Holder hat bereits erkennen lassen, dass ihm jedes Verständnis für die kalifornischen Experimente fehlt. Er kündigte an, dass er die bundesweit gültigen Anti-Drogen-Gesetze auch im Fernen Westen Amerikas "entschlossen durchsetzen" lassen werde.

Der Bundesstaat ist indes schon länger Vorreiter in der Legalisierungsdebatte. 1995 wurde - ebenfalls nach einer Volksabstimmung - der Marihuana-Konsum aus medizinischen Gründen freigegeben. Einer der Hauptbefürworter der damaligen Prop 215 steht jetzt wieder hinter dem neuen Vorstoß.

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