Die Ansprüche an Väter sind gewachsen. Sie sollen für ihre Kinder da sein. Gleichzeitig fühlen viele immer noch den Druck, die klassische Ernährerrolle einzunehmen. Doch wie gehen Väter tatsächlich damit um - wenn die 50-Stunden-Woche nur wenig Zeit für die Kinder lässt, wenn der Arbeitgeber sich gegen die Elternzeit sperrt oder Kollegen fragen, ob sich nicht die Ehefrau um das kranke Kind kümmern kann? Darüber haben wir mit einigen Vätern gesprochen, die wir über einen Aufruf auf der Facebook-Seite der SZ gefunden haben. Sie haben sehr offen Auskunft gegeben, wollten aber deshalb zum Teil lieber anonym bleiben. Zahlreiche weitere Leser haben sich auf unsere Anfrage gemeldet - leider konnten wir nicht mit allen sprechen. Trotzdem an dieser Stelle herzlichen Dank! Unsere Auswahl ist natürlich nicht repräsentativ, gibt aber doch einen guten Einblick, was Vätern wichtig ist und womit sie zu kämpfen haben.
Thomas Baier (Name von der Redaktion geändert), 34 Jahre, Fachoberschullehrer in Bayern, Vater eines Sohnes (10 Monate)
Ich habe mir niemals vorstellen können, auf welches Minenfeld ich und meine Frau uns mit unserem Lebensmodell begeben. Ich arbeite als Lehrer an einer Fach- und Berufsoberschule. Meine Frau ist derzeit überwiegend Hausfrau, kümmert sich um unseren Sohn und arbeitet freiberuflich wenige Stunden in der Woche als wissenschaftliche Lektorin - sie hat auch vor der Geburt des Kindes nicht mehr gearbeitet. Wir planen, dass meine Frau bis zum 2. oder 3. Lebensjahr unseres Kindes daheim bleibt, solange ist ihre Stellensuche auf Eis gelegt.
Wir bevorzugen dieses Modell, bei dem der Kleine so lange zu Hause betreut wird, denken aber nicht, dass dies für alle Eltern das einzig richtige ist. Trotzdem werden wir immer wieder angefeindet - meist von Menschen, die nicht einmal genau wissen, wie unsere Situation ist und warum wir uns dafür entschieden haben. Das finde ich schon sehr derb. So hat mir eine Kollegin vorgeworfen, ich würde den Beruf meiner Frau missachten. Meiner Frau wurde vorgeworfen, sie nutze mich aus.
Dass wir uns einmal in so einer traditionellen Rollenaufteilung wiederfinden, hätte keiner von uns beiden gedacht. Aber man entscheidet ja nicht völlig frei. Wenn meine Frau einen Job gehabt hätte, in dem sie genau so viel verdient hätte wie ich jetzt, hätte auch ich zu Hause bleiben können oder Teilzeit arbeiten.
Es ist grundsätzlich möglich, als Lehrer Elternzeit zu nehmen. Doch da meine Frau ja Hausfrau ist, ist es für mich finanziell einfach nicht drin. Wir werden sicher Betreuungsgeld beantragen. Auch hier stört mich das öffentliche Bild, das verbreitet wird - von Eltern, die das Betreuungsgeld am Schnapsregal durchbringen. Der Betrag dient ja allenfalls dazu, den Lohnausfall durch den nicht arbeitenden Elternteil ein klein wenig auszugleichen. Ich denke, jedes Lebensmodell muss gelebt werden können - auch, dass Väter und Mütter ihre kleinen Kinder selbst erzielen.
Matthias Wühle, 42 Jahre, Pressereferent, aus Wiesbaden, Vater einer Tochter (3 Jahre) und eines Sohnes (9 Monate)
Meine Frau und ich arbeiten beide Vollzeit, ich in der Presseabteilung eines Finanzdienstleisters, meine Frau als Chemikantin - bis Februar ist sie allerdings noch in Elternzeit. Ansonsten sind wir so organisiert, dass ich die Kinder in die Kita bringe (wir haben das Glück, dass sie beide in der gleichen Einrichtung sind). Meine Frau, die von 6 bis 14 Uhr arbeitet, holt die Kinder ab.
Was ich mir von der Politik wünsche? Ganz klar: Einen Rechtsanspruch auf bezahlbare, qualifizierte Ganztagsbetreuung. Leider gibt es in Deutschland darauf keine Garantie und alles hängt mehr oder weniger von Zufällen ab. Als unsere Tochter geboren wurde, haben wir sie gleich nach ihrer Geburt in 40 Kinderkrippen angemeldet - als Ergebnis kam eine einzige Zusage. Doch das größte Problem steht uns noch bevor: Die Grundschule. Sie liegt eigentlich fußläufig von unserem Haus. Aber Hortbetreuung gibt es dort nur für 20 Prozent der Grundschulkinder. Der Rest steht um 11:30 Uhr auf der Straße.
Ich als Vater möchte nicht weniger arbeiten. Mal abgesehen vom finanziellen Verlust steht man in seinem Arbeitsumfeld dann doch schlechter da, gerade in einem kleineren Unternehmen. Ich möchte aber auch nicht, dass meine Frau weniger arbeitet, nur um mittags ein Kind aus der Schule abzuholen. Ich möchte meine Kinder einfach in guten pädagogischen Händen wissen. Denn was Kinder in dem Alter brauchen, ist kreative Beschäftigung mit Gleichaltrigen. Das können Eltern gar nicht bieten. Meine Einstellung mag vielleicht auch daran liegen, dass ich in der DDR groß geworden bin. Meine Eltern waren beide berufstätig, zum Teil bis in die Abendstunden. Ich war oft der letzte im Späthort - das war zwar manchmal nervig, aber auch normal.
Mein zweiter Wunsch: Weniger bürokratische Starre. Nach der Geburt meiner Tochter Mitte September 2010 habe ich zwei Monate Elternzeit genommen. Ich hatte mich mit meinem damaligen Arbeitgeber abgestimmt, die beiden vollen Monate Oktober und November zu nehmen. Das zuständige Amt wollte die Elternzeit aber auf keinen Fall am ersten des Monats beginnen lassen, sondern es musste der Geburtstag des Kindes zu Grunde gelegt werden - mit der Folge, dass ich auf Teile des mir theoretisch zustehenden Elterngeldes verzichten musste. Bei der Geburt meines Sohnes zwei Jahre später habe ich angesichts der bürokratischen Ärgernisse auf die Elternzeit lieber verzichtet und stattdessen drei Wochen Jahresurlaub genommen.
Stefan Fritsche (Name geändert), 39 Jahre, Leitender Angestellter in der Automobilindustrie, lebt in München, Vater eines Sohnes (4) und einer Tochter (3)
Meine Frau und ich leben zwangsweise, aber, wie wir finden, auch erfolgreich das klassische Alleinverdiener-Modell: Zwangsweise, weil es Jobs wie meinen nicht in Teilzeit gibt - ich arbeite regelmäßig 50 bis 60 Wochenstunden und diese auf sehr hoher Drehzahl. In München braucht man zudem einfach ein entsprechendes Einkommen, um mit Kindern ein einigermaßen gutes Leben führen zu können. Die Annahme eines Teilzeitjobs würde sich für meine Frau kaum lohnen, da davon aufgrund des Ehegattensplittings netto nur wenig übrig bliebe. Außerdem erleben wir aber auch täglich - auch im Vergleich zu anderen Familien mit anderen Familienmodellen -, dass die intensive Betreuung unserer Kinder durch meine Frau ihnen sehr gut tut, solange sie noch so klein sind. Unter der Woche sind sie aber auch im Kindergarten.
Meine Kinder und ich verbringen unter der Woche vielleicht wenig, aber doch intensive Zeit miteinander. Morgens versuche ich, meine Kinder in den Kindergarten zu fahren, und abends wenigstens für die Gute-Nacht-Geschichte daheim zu sein; beides ist mir sehr wichtig. Wir reden fast jeden Abend darüber, was sie heute so gebastelt und gespielt haben, mit wem sie sich gerade gut verstehen, was sie nervt. Die Wochenenden verbringen wir mit gemeinsamen Aktivitäten.
Bevor ich Vater wurde, führten meine Frau und ich ein sehr aktives Leben. Das hat sich jetzt verändert. Für mich selber als auch für unsere Beziehung blieb in den letzten vier, fünf Jahren weder Zeit noch Energie. Obwohl ich meine Kinder sehr liebe, bin ich also nicht uneingeschränkt der lehrbuchhafte glückliche Vater.
Von der Politik würde ich mir wünschen, dass sie den Beitrag von Vätern mehr anerkennt, die durch ihre berufliche Hochleistung das finanzielle Rückgrat vieler Familien bilden - und damit erheblich zur guten Entwicklung ihrer Kinder beitragen. Gesellschaftlich, steuerlich und rechtlich werden im Moment eher Ehefrauen, oder Geringverdiener gefördert. Ich fände es gut, wenn das Ehegattensplitting zum Familiensplitting erweitert, sprich jedes finanziell abhängige Kind als volle Person steuerlich geltend gemacht würde - eventuell auch unter deutlicher Reduzierung des Effekts für kinderlose Ehepaare. Zudem sollte der Kinderfreibetrag massiv angehoben werden auf Höhe des Grundfreibetrags. Und ich halte die völlige rechtliche Gleichstellung von Vätern und Müttern, insbesondere auch im Falle einer Scheidung, für längst überfällig.
Götz Brakel, 54 Jahre, ev. Pastor, Stade (Niedersachsen), Vater eines Sohnes (11) und einer Tochter (8)
Ich kann mich weder einer traditionellen noch einer modernen Vaterrolle eindeutig zuordnen. Das liegt sicher auch an meinem Beruf und dem daraus folgenden chaotischen Tagesablauf. Ich arbeite als evangelischer Pastor an zwei historischen Innenstadtkirchen. Meine Wochenarbeitszeit liegt zwischen 45 und 50 Stunden. Meine Frau ist Sozialarbeiterin in Teilzeit.
Wir haben eine Art vortastende Planung von Woche zu Woche. In meinem Beruf gibt es unterschiedliche Strukturen, die nicht nur wochenweise, sondern oft über größere Zeiträume greifen. Und dann gibt es natürlich Ereignisse, die sich überhaupt nicht planen lassen, wie Beerdigungen. Zudem habe ich kaum einen Tag, an dem dienstlich nichts anliegt. Abendtermine sind der Normalfall, ich singe im Chor, habe Konfirmandenelternabend und Ähnliches.
Der große Vorteil meines Berufes für das Leben mit Kindern ist, dass ich im Laufe des Tages auch immer wieder mal zu Hause bin, für meine Kinder also sichtbar und ansprechbar. Familien- und Arbeitsleben sind nicht strikt getrennt. Als die Kinder klein waren, gab es auch manchmal Aktivitäten, bei denen sie einfach mitmachen konnte, zum Beispiel einen Krabbelgottesdienst. Ich bin als Kind in einer Gastwirtschaft aufgewachsen, das war eine ähnliche Situation.
Ich mache meine Arbeit im Prinzip sehr gerne. Ich erlebe immer wieder Menschen in außergewöhnlichen Momenten, das ist bewegend und erfüllend. Allerdings gibt es bei der Art der Arbeit, die ich zu erfüllen habe, eine Bewegung weg von den Menschen hin zu mehr Organisatorischem. Die Arbeitsbelastung ist groß - und sie nimmt zu. Bei meinen Kindern habe ich deshalb oft das Gefühl, dass ich etwas versäume. Ich bin zwar anwesend, aber ich müsste mehr Zeit und innere Ruhe haben. Und die Kinder werden sehr schnell groß: Schon bald werden wir sie nicht mehr abends ins Bett bringen müssen.
Andreas Fiedler, 40 Jahre, Ingenieur aus Weimar, Vater von drei Töchtern (4 Jahre und Zwillinge im Alter von 3 Jahren)
Ich wollte eigentlich nie eine Familie mit einer traditionellen Rollenverteilung haben. Beim ersten Kind hatten meine Partnerin und ich - wir sind nicht verheiratet - noch eine Art Sondermodell: Ich habe gerade meine Diplomarbeit geschrieben und danach auf Honorarbasis als Journalist von zu Hause aus gearbeitet. Auf diese Weise konnte ich Familie und Arbeit sehr gut miteinander vereinbaren. Doch als dann die Zwillinge im Anmarsch waren, hat es bei mir "Klick" gemacht: Ich habe plötzlich einen inneren Druck gefühlt, für mehr finanzielle Sicherheit zu sorgen. Ich nahm die "Ernährerrolle" ein und versuchte zugleich, so viel wie möglich für meine Familie da zu sein.
Ich suchte mir einen festen Arbeitsplatz in einem Gleichstellungsprojekt in einer Hochschule. Das war eine halbe Stelle. Die andere Hälfte arbeitete ich weiterhin an eigenen Projekten. Nach der Geburt der Zwillinge konnte ich teils von zu Hause aus arbeiten, was sich erst einmal gut anhörte. Nur waren die Anforderungen der Dienststelle eigentlich genau so groß wie in einer Vollzeitstelle. Es wurde mir immer schwerer, meine anderen 50 Prozent zu schaffen. Nach zwei Jahren des Versuchs, Arbeit und Familie miteinander zu vereinbaren, wurde ich krank - krank vor Erschöpfung. Die Arbeit hatte ich immer in die Zeitfenster geschoben, wo die Kinder gerade keine Ansprüche hatten. Ich war immer gewohnt, viel zu arbeiten, doch diese Situation sprengte jeden Rahmen. Zum Schluss habe ich dann sogar gearbeitet, anstatt zu schlafen. Erst nach einem halben Jahr hatte ich mich wieder erholt.
Jetzt arbeite ich als freiberuflicher Medienentwickler. Meine Partnerin hat versucht, sich als Sachbearbeiterin zu bewerben, aber als Mutter von drei Kindern scheint da kein Weg hin zu führen. Jetzt ist sie in einer Weiterbildung. Anscheinend gibt es zurzeit keine Möglichkeit für uns, aus diesem klassischen Rollenmodell auszubrechen.
Ich finde, wir schauen in Deutschland zu sehr nur auf die wirtschaftliche Entwicklung. Familie, die kommt dann irgendwann einmal - ganz zum Schluss. Scheinbar verliert unsere Gesellschaft immer mehr der Bezug zum Thema Familie. Das ist eine Frage unserer Kultur, die sich nicht von heute auf morgen ändern wird. Gerade, was die Väter angeht, drängt sich das Arbeitsleben einfach zu sehr in den Vordergrund. Rücksichtslos oftmals. Wenn man wirklich acht Stunden am Tag arbeiten würde, dann wäre das in Ordnung, aber die realen Verhältnisse sehen oft anders aus: Da kommen oft noch ein bis drei Überstunden hinzu. Ich kenne Ingenieure, die ihre Kinder unter der Woche gar nicht sehen. Und damit fehlt den Kindern auch eine wichtige Orientierungsgröße. Unsere Kinder brauchen ihre Väter - und nicht abgespannt und total kaputt und erst recht nicht nur als Zaungast.
Olaf Schneider (Name geändert) , 37 Jahre, Diplom-Informatiker aus München, Vater zweier Söhne (5 und 1,5 Jahre)
Ich arbeite Vollzeit, meine Frau auch, als Controllerin. Wir leben sehr gleichberechtigt, kümmern uns beide gleichermaßen um die Kinder und die Arbeit im Haushalt. Wir stehen alle morgens um sechs Uhr auf, dann bringe ich die Kinder in den Kindergarten beziehungsweise die Krippe und meine Frau holt sie um halb fünf wieder ab. Ich sehe meine Söhne dann abends noch etwa eine Stunde, aber das ist eine Stunde, in der nur noch das "Pflichtprogramm" abläuft. Betreuungsplätze zu finden war ein Riesenproblem in München. Wir haben jetzt beide Kinder in der gleichen Einrichtung, zahlen aber jeden Monat 700 Euro pro Kind.
Wenn es möglich wäre, Teilzeit zu Arbeiten, ich würde es sofort machen. Aber das ist gerade in München finanziell schwierig. Den Vorschlag von Familienministerin Manuela Schwesig, Eltern kleiner Kinder eine 32-Stunden-Woche zu ermöglichen, finde ich super. Schade, dass das gleich so abgebügelt wurde.
Bei unserem ersten Kind habe ich mehr als ein Jahr Elternzeit genommen. Das war unserer besonderen Situation geschuldet. Meine Frau und ich haben damals eine Wochenend-Ehe geführt. Ich bin unter der Woche immer nach Frankfurt gependelt. Für mich war aber ganz klar, dass ich kein Wochenend-Vater sein will. Deshalb habe ich gesagt: Ok, ich nehme ein Jahr Elternzeit und suche mir in dem Jahr einen neuen Job in München. Meine Frau hat dann direkt nach Mutterschutz und Resturlaub wieder angefangen zu arbeiten. Ich fand es unglaublich toll, so lange Elternzeit zu nehmen. Allerdings habe ich mich - ob auf dem Spielplatz oder beim Babyschwimmen - auch immer etwas als Exot gefühlt, weil ich da tagsüber unter der Woche meist der einzige Mann war.
Es war allerdings sehr schwierig, sich als Vater aus der Elternzeit heraus zu bewerben. Ich habe mich bei etwa 40 Firmen beworben - und bin nur von einer einzigen zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Diese Firma hat mich dann allerdings auch gleich angestellt. Bei den anderen hatte ich schon den Eindruck, dass die sich wegen der Elternzeit gedacht haben: "Den laden wir erst gar nicht ein."
Ich glaube, mit der Einrichtung der Elternzeit hat die Politik schon viel gemacht, doch da muss sich noch etwas in die Köpfen der Chefs verändern. Vielleicht ist es auch eine Generationensache. Beim zweiten Kind habe ich übrigens die klassischen zwei Vätermonate genommen, das war in meiner neuen Firma überhaupt kein Problem. Und ich habe meine Frau beneidet, die dieses Mal ein Jahr mit unserem Sohn zu Hause war.
David Rajkay, 27 Jahre, freiberuflicher Software-Tester aus Augsburg, Vater eines Sohnes (7) und einer Tochter (4)
Ich lebe in einer Patchworkfamilie. Ich habe zwei Kinder, meine Freundin auch. Ihre Töchter sind 9 und 7 Jahre alt. Alle Kinder leben zum Teil bei uns. Vereinfach gesagt ist es so, dass alle vier Kinder gemeinsam etwa alle zwei Wochen für ein paar Tage bei uns sind. Das ist zwar oft anstrengend, hat aber den Vorteil, dass alle Beteiligten sich in Alltagssituationen und in der Freizeit erleben. Dadurch sind die Bindungen stärker. Ich wollte nie nur ein Wochenend-Papa sein. Wir leben jetzt seit drei Jahren in dieser Konstellation.
Als meine frühere Frau und ich unseren Sohn bekommen haben, war sie gerade mit der Schule fertig, ich war damals Zivi und habe dann angefangen zu studieren. Drei, vier Monate nach der Geburt unserer Tochter haben wir uns getrennt. Wir haben das gemeinsame Sorgerecht für unsere Kinder. Mit dem jetzigen Status quo bin ich zufrieden. Unser Patchwork-Modell funktioniert den Umständen entsprechend recht harmonisch, es ist aber auch sehr aufwändig und emotional anstrengend. Ich als Papa hätte schon Angst, dass ich - sollte die Situation mal längerfristig kippen - am kürzeren Hebel säße.
Zwischen mir und meiner Freundin herrscht keine starre Rollenverteilung. Sie ist Grundschullehrerin. Als sie vor zwei Jahren ihr Referendariat fertig gemacht hat, habe ich mich oft um die Kinder gekümmert, auch um ihre. Im Moment bin ich eher viel unterwegs und sie übernimmt sehr viele Aufgaben. Ich denke, bei uns läuft vieles recht locker, weil wir immer ein paar Tage kinderfrei haben, in der wir auch Zeit zu zweit finden. Ich hätte allerdings Respekt bis Angst vor einem gemeinsamen Kind.
Die Politik könnte meiner Meinung noch stärker gestalten. Ich habe manchmal das Gefühl, dass jede Familie auf sich selbst gestellt ist. Ganz konkret stört mich, dass das Kinderbetreuungssystem bei uns schrecklich unflexibel ist. Gerade in Ferienzeiten, wo viele Einrichtungen geschlossen sind, wird implizit darauf gesetzt, dass die Mutter daheim ist oder Großeltern in die Bresche springen können.
Daniel Lehnert (Name geändert), 44 Jahre, leitender Angestellter in Einzelhandelsunternehmen in Berlin, Vater einer Tochter (16) und eines Sohnes (13) aus erster Ehe sowie eines Sohnes (2 Monate) aus neuer Beziehung
In meiner ersten Ehe haben wir zunächst in einer eher traditionellen Rollenverteilung gelebt: meine Exfrau arbeitete verkürzt, ich Vollzeit. Mir blieb relativ wenig Zeit für die Kinder. Als unser Sohn (inzwischen ist er schon 13 Jahre alt) in den Kindergarten kam, habe auch ich meine Arbeitszeit reduziert - das Geld reichte auch so für uns vier. Ab diesem Zeitpunkt habe ich morgens die Kinder in den Kindergarten gebracht und sie auch wieder abgeholt. Ich hatte dadurch mehr und viel besseren Kontakt zu ihnen. Das war einfach schön. Auch das Verhältnis zwischen mir und meiner Frau in Erziehungsfragen war einfach mehr in der Balance.
Auf der Arbeit konnte ich damals problemlos Teilzeit arbeiten - später wieder Vollzeit zu arbeiten war schwieriger. Ich musste zwei Jahre lang warten, bis ich in Vollzeit zurückkehren konnte, als Grund wurde die wirtschaftliche Lage des Unternehmens genannt. Und es gab es nicht so viel Verständnis für mich, wenn ein Kind krank war und ich deswegen zu Hause blieb. Selbst Kolleginnen fragten oft, ob nicht meine Frau zu Hause bleiben könne.
Ich bin jetzt in einer neuen Beziehung zum dritten Mal Vater geworden und möchte gerne in Elternzeit gehen. Doch von meinen Vorgesetzten wird das als sehr schwierig eingeschätzt. Formal können sie nichts machen, bedeuten mir aber subtil, dass dies weitreichende Konsequenzen für mein weiteres Berufsleben haben könnte. Die Geschäftsführung hat mir mehrmals mehr oder weniger deutlich gesagt, dass eine Vertretung meiner leitenden Position nach meiner Rückkehr Ansprüche stellen würde, und sie würden sich quasi raushalten und abwarten, wer sich durchsetzt. Ich empfinde das als armselig. Problematisch ist auch die Höhe des Elterngelds - es wird nicht reichen, da ich für die beiden großen Kinder Unterhalt zahle.
Als meine zwei ersten Kinder klein waren - um die Jahrtausendwende - war es nach meiner Erfahrung sehr selten, dass Väter sich viel bei der Erziehung einbrachten. Es fing auch gerade erst an, dass Männer in Kindergärten arbeiteten oder in Grundschulen. Das ist heute sehr viel häufiger und das finde ich gut. Ein sichtbares Zeichen für den Wandel der Vaterrolle: Inzwischen gibt es auch in den Männertoiletten Wickeltische, ein wichtiger Schritt.
Ich finde, dass der Staat und die Gesellschaft es uns Vätern heute etwas leichter machen. Die Möglichkeit gemeinsamer Elternzeit hat offenbar dafür gesorgt, dass es mehr akzeptiert wird, dass Männer sich als Väter einbringen und sie ihre Rolle auch selbst ernster nehmen. Sehr schlecht ist allerdings, dass Frauen immer noch häufig weniger verdienen als Männer. Meine Exfrau hätte sonst auch mal mehr arbeiten können, was sie gerne getan hätte, aber es hätte sich gar nicht gelohnt.