Laurent Nkunda:Rebellen-Chef mit intellektuellem Image

Laurent Nkunda wollte mit den ruandischen Machthabern gegen die Hutu-Milizen im Kongo zu Felde ziehen - jetzt hat Kigali den General offenbar fallengelassen.

Arne Perras

Lange Zeit war er das Gesicht der Rebellion: Mit seiner randlosen Brille, seiner asketischen Statur und seiner stets tadellosen Uniform pflegte General Laurent Nkunda das Bild vom edlen Intellektuellen, der um eine gerechte Sache im Kongo kämpfte: Er war der tapfere Beschützer aller Tutsis, er war der Mann, der gegen Korruption und Misswirtschaft, Ausbeutung und Rechtlosigkeit zu Felde zog - so wollte er gesehen werden, so setzte er sich in Szene.

Laurent Nkunda: Passte offenbar nicht in die neue Strategie der ruandisch- kongolesischen Tutsi-Allianz: Laurent Nkunda.

Passte offenbar nicht in die neue Strategie der ruandisch- kongolesischen Tutsi-Allianz: Laurent Nkunda.

(Foto: Foto: AFP)

Doch das konnte kaum davon ablenken, dass unter seinem Kommando schreckliche Verbrechen im Osten des Kongo begangen wurden.

Nun wurde Nkunda überraschend in Ruanda verhaftet. Zunächst verblüffte diese Meldung, denn der General galt stets als enger Verbündeter der Machthaber in Kigali, er war ihr Statthalter im benachbarten Kongo. Doch seit Nkundas Offensive im vergangenen Jahr ist der internationale Druck auf Kigali und Kinshasa gewachsen, den Krieg im Kongo zu beenden.

Beide Länder wollen nun gemeinsam gegen ruandische Hutu-Milizen kämpfen, die Nkunda stets als größte Bedrohung der kongolesischen Tutsis bezeichnet hatte. Nkunda aber gefiel die neue Allianz nicht. Und so hat Kigali den General offenbar fallengelassen, weil er in der neuen Strategie keine Platz hatte.

Die Regierung in Kinshasa fordert die Auslieferung Nkundas, er wird dort von einem Militärtribunal gesucht. Ihm werden Kriegsverbrechen in Kisangani 2002 und in Bukavu 2004 zur Last gelegt. Auch nach Kämpfen im Herbst 2008 sind schwere Vorwürfe gegen seine Truppen erhoben worden, weil sie wehrlose Zivilisten ermordet haben sollen. Allerdings gibt es gegen den General bislang keinen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.

Laurent Nkunda, der in wenigen Tagen 42 Jahre alt wird, ist im Kongo geboren. Er ist verheiratet und Vater von sechs Kindern. Er studierte einige Semester Psychologie in Kisangani und arbeitete als Lehrer. Später kämpfte er in der Rebellen-Armee RPF unter Führung des Tutsi-Generals Paul Kagame, der 1994 die Macht im ruandischen Kigali übernahm. Vor der RPF flohen die Hutus, die in Ruanda Völkermord begangen hatten, in den Kongo. Dort wurden sie später von Kagames Soldaten gejagt. So kam Nkunda zurück in den Kongo.

Der General kommandierte dort nicht nur seine Truppe. Ihm gehören in den Hügeln von Kivu auch einige Farmen, auf denen große Kuhherden grasen. Seine Kämpfer sollte er schon mehrmals in die Armee integrieren, doch der General ließ die Versuche platzen. Stets warnte er vor einem neuen Genozid, den die Hutu-Milizen angeblich an den kongolesischen Tutsi verüben wollten. Um seine Macht zu festigen, ging er mehrfach in die Offensive, zuletzt im Herbst 2008, mit verheerenden Folgen für die Zivilisten. Er selbst sprach von Selbstverteidigung.

Kongos Präsident Joseph Kabila betrachtet Nkunda als erbitterten Feind, nun verkündet die Regierung in Kinshasa, dass durch die Festnahme des Rebellenchefs ein großes Hindernis für den Frieden weggeräumt sei. Aber noch ist die Lage zu verworren, um Laurent Nkundas Haft tatsächlich als Wende zu feiern.

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