Kernkraftwerk Isar 2:Grüne ebnen den Weg für den Ausstieg aus dem Atomausstieg

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Weiter in Betrieb: Das Atomkraftwerk Isar 2 liegt 70 Kilometer nordöstlich von München. (Foto: Ulrich Baumgarten/picture alliance / Ulrich Baumga)

Münchens grün-rote Stadtratskoalition ist bereit, den Betrieb des Kernkraftwerks Isar 2 um sechs Monate zu verlängern. Der Beschluss dürfte zu Unruhe führen an der Parteibasis.

Von Constanze von Bullion und Andreas Glas

Deutschlands Ausstieg aus dem Atomausstieg könnte in Bayern beginnen. Ausgerechnet die Grünen sind drauf und dran, dem Windkraftskeptiker und Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Isar 2 zu ermöglichen, für sechs Monate. Das ist kein abwegiges Szenario, sondern Realität, seitdem der Aufsichtsrat der Münchner Stadtwerke, denen Anteile am Atommeiler gehören, die Bundesregierung aufgefordert hat, "die gesetzlichen Voraussetzungen für einen sogenannten Streckbetrieb" des Kernkraftwerks bei Landshut zu schaffen.

Isar 2 soll nicht wie geplant zum Jahresende abgeschaltet werden, sondern bis Mitte 2023 weiterlaufen, das beschloss der Aufsichtsrat, dem auch Vertreter der Grünen angehören - vorausgesetzt, dass ein zweiter Stresstest der Stromreserven zeigt, dass Bayerns Industrieproduktion im Winter einbrechen könnte, weil zu viel Gas aus Russland fehlt.

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Der Beschluss dürfte an der Grünen-Basis für Unruhe sorgen, aber nicht nur dort. Denn der mühsam ausgehandelte Ausstieg aus der Kernkraft bis Ende 2022 wackelt. Der Vorstoß der Münchner Grünen war auch kein Sonderweg. Ihre Zustimmung, die AKW-Laufzeiten in Bayern für eine befristete Zeit im Notfall zu verlängern, sei in der Partei abgestimmt, war da zu hören. Die wichtigsten Köpfe der Grünen in Berlin waren also eingeweiht, heißt das, haben die Sache vermutlich sogar orchestriert, schon um Proteste aus der eigenen Partei rechtzeitig einzufangen.

Viel Gas, wenig Windräder

Offenbar wachsen bei Wirtschaftsminister Robert Habeck und seiner Parteikollegin, der Umweltministerin Steffi Lemke, die Befürchtungen, die Gasknappheit wegen des Ukraine-Kriegs könnte Bayern besonders hart treffen. Von einem drohenden "Blackout" in Bayern reden die grünen Regierungsmitglieder zwar nicht. Mit Sorge beobachtet wird aber zum einen, dass etliche französische Atomkraftwerke so korrodiert sind, dass Deutschland im Winter womöglich weniger Strom aus dem Nachbarland beziehen kann als geplant. Zum anderen richtet sich das Augenmerk verstärkt auf Bayern. Dort sei die Lage "aus mehreren Gründen speziell", erklärte Habeck kürzlich. Es gebe zwar Gas-, aber wenige Kohlekraftwerke und unverhältnismäßig wenige Windräder. Auch der fehlende Netzausbau führe "zu einer erhöhten Abhängigkeit von Stromlieferungen" aus dem Norden und Osten.

Hinter den Kulissen drücken Grüne sich deutlicher aus. Die CSU habe die Energiewende verschlafen, nun müssten ausgerechnet die Grünen ihr aus dem Schlamassel helfen, notfalls mit Atomstrom. Der Zorn darüber ist groß. Ein Strom-Crash in Bayern soll aber unbedingt vermieden werden, grüne Bedenken hin oder her.

Söder schiebt die Verantwortung nach Berlin ab

Bayerns Ministerpräsident Söder wiederum trommelt seit Monaten dafür, die Laufzeit des letzten bayerischen AKW Isar 2 zu verlängern. Es ist eines von drei noch laufenden Kernkraftwerken Deutschlands. Söder weist Vorwürfe zurück, die Planlosigkeit der bayerischen Energiepolitik habe den Freistaat besonders abhängig gemacht. Rund 90 Prozent des Erdgases dort kommen aus Russland. Die Verantwortung schob Bayerns Ministerpräsident am Freitag nach Berlin ab. "Der Bund ist aus der Kernenergie ausgestiegen, wohl wissend, dass es mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien länger dauern wird. Diese Phase sollten Gaslieferungen überbrücken", sagte er dem Spiegel.

Nach dem Reaktorunfall in Fukushima hatte allerdings auch Söder für den Atomausstieg geworben, damals noch als Umweltminister. Bis heute lobt er die bayerischen Erfolge bei Solar- und Wasserkraft. Tatsächlich hinkt der Freistaat bei der Windkraft hinterher. Noch unter CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer verzichtete man zudem auf leistungsfähige oberirdische Stromtrassen nach Bayern, wegen Anwohnerportesten. Stattdessen wurde eine Erdleitung gebaut. Sie wartet bis heute auf Vollendung.

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