Landwirtschaft:Traktoren-Tage

Berlin, Bauernprotest Deutschland, Berlin - 18.01.2020: Im Bild sind traktoren beim Bauernprotest auf Höhe Friedrichstr

Großes Gefährt: Landwirte demonstrieren am Samstag auf der Friedrichstraße in Berlin für eine Agrarwende.

(Foto: Christian Spicker/imago)

Erst demonstrieren Landwirte gegen neue Umweltauflagen. Tags drauf fordern andere Bauern genau solche Vorgaben.

Traktoren rollen derzeit häufiger über die Straßen der Hauptstadt: Nach Bauernprotesten gegen immer neue Naturschutz-Auflagen kamen am Samstag nun viele Menschen, um genau solche Vorschriften zu fordern. "Tierfabriken abschaffen" stand auf den Transparenten, "Insekten schützen" oder "Ich wollt, ich wär' kein Huhn": Parallel zur Agrarmesse Grüne Woche gingen mehrere Tausend Menschen in Berlin für eine umweltschonendere Landwirtschaft auf die Straße. Zur Demo aufgerufen hatte ein Bündnis aus Bauern, Umwelt- und Tierschützern und weiteren Verbänden. Angeführt von mehr als 150 Traktoren startete der bunte Zug unter dem Motto "Wir haben es satt!" am Brandenburger Tor.

Agrarministerin Klöckner versucht, zwischen beiden Gruppen zu vermitteln

"Wir haben die Alibi-Politik des Agrarministeriums gehörig satt", sagte die Sprecherin des Bündnisses, Saskia Richartz. Die Klimakrise, zu viel Nitrat im Grundwasser und ein dramatisches Artensterben zeigten, dass es so nicht weitergehe. Der Bundesregierung komme bei ihrer EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 eine zentrale Rolle bei der Ausgestaltung der künftigen EU-Agrarmilliarden zu. Anstelle von Fläche und Ertrag sollten sich Subventionen mehr an Tier- und Klimaschutzkriterien orientieren. Grünen-Chef Robert Habeck sagte: "Mit der Demo zeigen wir noch einmal, dass es eine große gesellschaftliche Bewegung gibt, die eine andere Landwirtschaftspolitik will." Er forderte einen Verkaufsstopp von Lebensmitteln zu Dumpingpreisen und rief die Regierung dazu auf, massenhaftes Kükentöten und die betäubungslose Kastration von Ferkeln zu verbieten.

Vertreter von Bauern übergaben am Vormittag auch eine Protestnote an Bundesagrarministerin Julia Klöckner, die Gastgeberin einer Agrar-Konferenz mit Regierungsvertretern aus 71 Ländern war. Die CDU-Politikerin kam zu den Demonstranten heraus und sagte, dass neue Ansätze in der europäischen Agrarpolitik kommen würden. Sie warb zugleich um Verständnis dafür, dass andere Landwirte ebenfalls protestierten, weil sie sich durch Kritiker in die Ecke gestellt fühlten. Bereits am Freitag hatte es bundesweit Trecker-Demos aus dem entgegengesetzten politischen Lager gegeben - organisiert von der Initiative "Land schafft Verbindung". Bauern protestieren gegen Dünge- und Umweltauflagen. Klöckner versuchte zwischen beiden Gruppen zu vermitteln: "Das eine sind nicht pauschal Ackerfabriken und Umweltverpester, und die anderen sind auch nicht die grünen Spinner." Kritik gab es an einer Bauern-Demo von "Land schafft Verbindung" in Nürnberg, bei der am Freitag an einzelnen Traktoren rechtsextreme Plakate aufgetaucht waren. "Die sind uns aufgefallen, und wir haben den Leuten gesagt, sie sollen gefälligst ihre Banner abnehmen", sagte der Veranstalter. Die Initiative distanzierte sich umgehend davon, ebenso der Bauernverband.

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