Süddeutsche Zeitung

Landwirtschaft:Erst zu kalt, dann zu warm, immer zu trocken

Weil der Regen vielerorts ausblieb, fällt die Ernte schlecht aus. Der Präsident des Bauernverbands fordert Steuererleichterungen für Landwirte, damit sie in guten Jahren Rücklagen anlegen können.

Von Jan Schwenkenbecher, Trebbin

Die Erde ist trocken, es staubt beim Gehen, und Joachim Rukwied würde jetzt lieber im Matsch stehen. Dazu müsste es jedoch regnen, und das hat es in Brandenburg schon lange nicht mehr. Auf den Trebbiner Acker geladen hat Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), um die ersten Zahlen zur diesjährigen Ernte vorzustellen. Der DBV hat diese bei den Landesverbänden erfragt. Es sieht schlecht aus, der Regen fehlte.

Der März sei so kalt und trocken gewesen, dass viele Landwirte Gülle und Dünger nicht wie geplant ausbringen konnten, schreibt der Deutsche Wetterdienst in einer Zusammenfassung des Frühlingswetters für die Pflanzenentwicklung. Die Pflanzen hätten sich ein bis zwei Wochen langsamer entwickelt als geplant. April und Mai waren dann ebenfalls trocken, im Gegensatz zum März allerdings besonders warm - beide Monate waren die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahr 1881. Regen fiel kaum, besonders im Norden und Osten Deutschlands fehlte den Böden Wasser und sie trockneten aus.

"Das liegt an einer sogenannten Blockade-Wetterlage", sagt Fred Hattermann vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Dabei verhindere ein Hoch über Nordeuropa, dass feuchte Luft vom Atlantik bis in den Norden Deutschlands fließe.

"Wir werden erneut eine Ernte haben, die weit unter dem Durchschnitt liegt", sagt Rukwied. 41 Millionen Tonnen Getreide werden deutsche Bauern demnach in diesem Jahr ernten, 4,6 Millionen Tonnen weniger als im Jahr zuvor. Schon 2017 war ein schlechtes Jahr, 2016 auch. Die diesjährige Ernte wird damit fast 15 Prozent geringer ausfallen als der Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre; dieser beträgt 47,9 Millionen Tonnen. Besonders stark betroffen ist Brandenburg, der dortige Landesbauernpräsident Henrik Wendorff sagt: "Nach derzeitigen Schätzungen müssen wir mit Ernteausfällen zwischen 20 und 50 Prozent rechnen." Rukwied ergänzt, dass einige Betriebe wegen der Dürre nicht geerntet, sondern den Bestand direkt gehäckselt hätten.

In guten Jahren sollen die Bauern weniger Steuern zahlen, fordert der DBV-Präsident

Der Präsident des Bauernverbands fordert daher "Instrumente zur Liquiditätssicherung", etwa "steuerfreie Rücklagen zum Risikoausgleich". Er möchte, dass Bauern in besonders guten Jahren weniger Steuern zahlen müssen und so leichter Geld sparen können, um Ernteausfälle wie in diesem Jahr zu überbrücken. Sollten Landwirte das Geld doch nicht für den Ernteausfall einsetzen, so Rukwied, könnte es nachträglich besteuert werden. "Es wird höchste Zeit, dass die Politik hier handelt", sagt Rukwied.

Für die restliche Ernte sieht die Prognose laut Bauernverband gemischt aus. Nach dem Getreide nehmen Mais und Raps den größten Anteil der bepflanzten Äcker in Anspruch. Um den Winterraps stehe es noch schlechter als ums Getreide, der DBV rechnet mit fast 30 Prozent geringerer Ernte als im Mittel der vergangenen fünf Jahre. Wie die Maisernte ausfällt, sei noch nicht abzusehen, das hänge davon ab, ob es nun in den weiteren Sommermonaten genügend regnet. Das Gleiche gelte auch für Kartoffeln und Rüben. Die Spargelernte sei normal, die Erdbeerernte sehr gut gelaufen. Auch Gemüse und Wein gehe es gut. Die Äpfel-, Birnen- und sonstigen Kernobst-Bestände seien gesund. Wenn witterungstechnisch nichts schiefgehe, so Rukwied, gehe man hier von einer guten Ernte aus.

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Quelle:
SZ vom 06.07.2018
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