Selten machte eine einzige Zahl politisches Versagen so deutlich wie diese: Mehr als 80 Prozent der Deutschen wünschen sich, dass sie beim Kauf von Lebensmitteln endlich über Inhalt und Produktionsweise informiert werden. Genau das hatten ihnen Union und SPD auch in ihrem Koalitionsvertrag versprochen. Sie wollten die Hersteller dazu verpflichten über Herkunft, Gentechnik oder artgerechte Tierhaltung zu informieren. Passiert aber ist in vier Jahren, was ein einziges Wort wiedergibt: nichts. Längst spüren die Verbraucher, dass etwas nicht mehr stimmt. In der Umwelt nicht und damit irgendwann auch für den Menschen nicht mehr. Die Politik weiß es sogar. Der Beirat des Agrarministers attestierte ihm Defizite beim Tier- und Umweltschutz. Schmidt hatte die große Chance, daran etwas zu ändern. Doch er hat sie kläglich verspielt. Selbst sein einzig verbliebenes Gesetzesprojekt für mehr Transparenz, ein freiwilliges Tierwohllabel, versandete vor den Wahlen.
Die Bilanz des Ministers bei der nötigen Reform von Agrar- und Lebensmittelindustrie hin zu mehr Umwelt- und Tierschutz ist damit beschämend. Dabei wären fast alle Bundesbürger bereit, mehr Geld für Umwelt- oder Tierschutz zu bezahlen. Dass die Realität noch eine andere ist und sich die Kunden im Supermarkt vor allem am Preis orientieren, ist nicht allein ihre Schuld. Was fehlt, ist eine verlässliche Kennzeichnung, die darüber Auskunft gibt, wo und wie Tiere gehalten werden.