Süddeutsche Zeitung

Landtagswahlen:Steinmeiers rot-roter Flirt

Unmittelbar vor den Landtagswahlen verteidigt die SPD mögliche Bündnisse mit der Linken. SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier nimmt sogar Parteichef Lafontaine in Schutz.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hat sich mit Blick auf eine mögliche Koalition mit der Linken im Saarland gegen eine Verteufelung von Linksparteichef Oskar Lafontaine gewandt. Mit dem Bau der Mauer habe Lafontaine nun wirklich nichts zu tun, sagte Steinmeier der Bild am Sonntag auf die Frage, ob sich die SPD im Saarland tatsächlich mit der SED-Nachfolgepartei einlassen wolle.

"Rot-Rot ist als Aufreger-Thema in der großen Mitte der Gesellschaft erledigt", sagte SPD-Chef Franz Müntefering am Samstag. Auf Bundesebene bleibe es aber dabei, dass es "in der ganzen nächsten Legislaturperiode" keine Regierungszusammenarbeit geben werde.

Die SPD will bei den Landtagswahlen am Sonntag die beiden CDU-Alleinregierungen im Saarland und in Thüringen kippen. In beiden Ländern strebe seine Partei eine Regierungsbeteiligung an, sagte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier der Bild am Sonntag. Bei der Wahl zum sächsischen Landtag rechne er mit Zuwächsen für die SPD.

Auch bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen solle Boden gut gemacht werden: "Da haben wir eine gute Chance, einige große Städte zurück zu gewinnen." Steinmeier gab sich zuversichtlich, dass die im Umfragetief verharrende SPD durch positive Ergebnisse am Sonntag neuen Schwung erhält. Die Aufholjagd sei im vollen Gange, sagte er.

Im Saarland und Thüringen erscheinen nach den Umfragen rot-rote oder rot-rot-grüne Koalitionen möglich. Allerdings gibt es in Thüringen, wo die Linke - anders als im Saarland - stärker abschneiden dürfte als die SPD, Probleme. Beide Parteien reklamieren das Amt des Regierungschefs in einem eventuellen linken Bündnis und sperren sich gegen den jeweiligen Spitzenkandidaten. Zwar ließ Linken-Spitzenkandidat Bodo Ramelow im ZDF die Bereitschaft erkennen, auf das Amt des Regierungschefs zu verzichten. Definitiv schloss er aber aus, dass SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie mit Hilfe der Linken in dieses Amt kommt. Am Ende könnte es deswegen in Thüringen zu einer großen Koalition kommen.

Angesichts der vorhergesagten Verluste für die Union wehrt sich CDU-Chefin Angela Merkel bereits gegen eine Überwertung der Landtagswahlen. "Das sind keine Testwahlen für die Bundestagswahl", sagte die Bundeskanzlerin der Augsburger Allgemeinen.

"Jede Wahl in jedem Land hat ihren eigenen Charakter, das werden die Ergebnisse zeigen", erklärte Merkel und schloss mögliche Stimmeneinbußen für ihre Partei im Vergleich zu den Ergebnissen von 2004 nicht aus: "Bei den Landtagswahlen vor fünf Jahren hatten wir im Übrigen eine Ausnahmesituation, denn da war die Wut auf Rot-Grün in Berlin groß, das hat uns damals begünstigt."

Merkel warnte außerdem vor schwerwiegenden Folgen rot-roter Bündnisse für die einzelnen Bundesländern. "Man sieht an den Bundesratsentscheidungen des rot-rot regierten Landes Berlin, wie ein Land bei grundlegenden Entscheidungen jeden Einfluss verliert, weil es sich auf Druck der Linkspartei enthalten muss", sagte die CDU-Vorsitzende der Augsburger Allgemeinen.

Die SPD-Spitze hat den Landesparteien freie Hand für Bündnisse mit der Linkspartei gegeben, was scharfe Angriffe des bisherigen Koalitionspartners im Bund ausgelöst hat. SPD-Chef Franz Müntefering reagierte gelassen auf die Angriffe der Union.

"Rot-Rot ist als Aufreger-Thema in der großen Mitte der Gesellschaft erledigt", sagte er der Neuen Presse aus Hannover. Ausschlaggebend sei, was gut für das betreffende Land sei. Im Bund sei eine Koalition mit der Linken aber nicht möglich, bekräftigte er die Haltung der Parteispitze. Zuvor hatte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla vor einer Destabilisierung in ganz Deutschland durch rot-rote oder rot-rot-grüne Bündnisse gewarnt.

Müntefering erneuerte außerdem seine Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Frau Merkel hängt ihr Fähnchen nach dem Wind. Das ist vielleicht zur eigenen Machtsicherung taktisch klug und macht sie flexibel, aber auch beliebig", sagte Müntefering der Neuen Presse. Darunter leide Deutschland: "Das Land bekommt von ihr keine Orientierung. Sie ist an der Verunsicherung im Land mit Schuld, weil sie keine Richtung gibt", kritisierte Müntefering die Regierungschefin.

Bundesweit dümpelt die SPD rund einem Monat vor der Bundestagswahl in Umfragen zwischen 22 und 24 Prozent. Die Wunschkoalition der Sozialdemokraten mit den Grünen ist demnach noch deutlich von einer Regierungsmehrheit entfernt. Auch bei den anstehenden Wahlen in den Ländern werden der SPD - bis auf die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen - keine nennenswerten Zuwächse vorhergesagt.

In Sachsen wird vermutlich der mit dem Koalitionspartner SPD regierende Ministerpräsident Stanislaw Tillich im Amt bleiben. Die Frage ist, ob Tillich nach der Wahl ein Bündnis mit der FDP anstreben kann. Im Saarland gibt es in Umfragen bislang einen Patt zwischen CDU und FDP auf der einen Seite und SPD, Linkspartei und Grünen auf der anderen Seite.

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