Süddeutsche Zeitung

Landtagswahlen:Stegner stärker - Platzeck Favorit

SPD-Hoffnungen: Während Ralf Stegner in Schleswig-Holstein aufgeholt hat, rechnet Matthias Platzeck in Brandenburg mit dem Sieg.

J. Schneider u. C. v. Bullion

Schleswig-Holstein

Kurz vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein wird die Linke im Norden von heftigen internen Zerwürfnissen erschüttert. In Neumünster, einer Hochburg der Partei, trat die gesamte Kreistagsfraktion aus der Linken aus und gründete ein neues "Linksbündnis". Die Mitglieder des sogenannten Neumünsteraner Kreises warfen der Parteiführung unter anderem mangelnde Transparenz und Demokratiedefizite vor und beklagten "Kaderstrukturen wie in der SED".

Vorangegangen war in den vergangenen Monaten ein mit rauen Methoden geführter langer Streit um Posten in der Landespartei. In Neumünster hatten die Linken bei den letzten Kommunalwahlen mit 13,3 Prozent das bis dahin beste Ergebnis in Westdeutschland auf Kreisebene erreicht.

Sie nehme die Austritts-Ankündigungen gelassen zur Kenntnis, sagte die Landesvorsitzende Cornelia Möhring. Die Austritte seien Ausdruck der "inneren Klärungen" einer jungen Partei. Es gebe jedoch keineswegs Massenaustritte. Die Partei habe in dieser Woche acht Mitglieder verloren, aber im Wahlkampf fast 150 hinzugewonnen. Die Linke hat im Norden bei der Kommunalwahl 2008 fast sieben Prozent erzielt. In Umfragen wird ihr erstmaliger Einzug in den Landtag prognostiziert.

Der Wahlkampf in Schleswig-Holstein hat sich zuletzt viel spannender entwickelt, als im Sommer erwartet worden war. Damals hatte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) die von heftigem Streit geprägte große Koalition vorzeitig aufgelöst, in der sicheren Erwartung, dass die Wähler sich klar für eine schwarz-gelbe Regierung entscheiden würden.

Inzwischen haben Carstensen und die CDU in Umfragen stark nachgelassen, während sein Kontrahent Ralf Stegner von der SPD aufholte. Wenn es für eine schwarz-gelbe Koalition nicht reichen sollte, wird an der Förde am ehesten ein Jamaika-Bündnis erwartet. Die Grünen haben das nicht ausgeschlossen.

Eine Regierung mit der SPD unter Stegner lehnen sowohl die CDU als auch die FDP ab. Der Sozialdemokrat Stegner wiederum schließt weder eine neue große Koalition noch eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei aus.

Brandenburg

Bei der Landtagswahl in Brandenburg rechnet die SPD mit einem klaren Sieg und hofft auf starke Mobilisierung der Wähler. "Das Wichtigste ist, dass wir eine hohe Wahlbeteiligung kriegen", sagte SPD-Generalsekretär Klaus Ness am Freitag. "Unser Ziel ist es, stärkste Partei zu werden und wir wollen die Nazis aus dem Parlament kriegen."

Die SPD will ihr Wahlergebnis von 2004 deutlich steigern. Damals lag sie bei 31,9 Prozent, in den jüngsten Umfragen wurden ihr bis zu 34 Prozent vorhergesagt.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) will die große Koalition nach Möglichkeit fortsetzen. Ob dies gelingt, wird maßgeblich davon abhängen, wie die CDU abschneidet. Sie kam vor fünf Jahren nur auf 19,4 Prozent und hofft nun, die Scharte auszuwetzen und klar über der 20-Prozent-Marke zu landen.

Gelingt dies nicht oder präsentiert die CDU bei Sondierungen inakzeptable Anwärter für Ministerposten, hält Platzeck sich die Möglichkeit eines rot-roten Bündnisses offen. Die Linkspartei wäre für ihn allerdings ein deutlich stärkerer und unbequemerer Partner als die CDU. In jüngsten Umfragen lag die Linke mit 28 Prozent nicht weit hinter der SPD.

Neu im Landtag wird wohl die FDP sein, sie agiert seit 15 Jahren nur auf kommunaler Ebene und stellt in Brandenburg elf Bürgermeister. "Wir haben kontinuierlich Kärrnerarbeit von ganz unten geleistet", sagte FDP-Spitzenkandidat Hans-Peter Goetze. Der Rechtsanwalt, der mal bei der SED war, hofft auf ein Ergebnis von mehr als neun Prozent.

Auch die Grünen wollen zurück in den Landtag, lagen in Umfragen aber nur bei vier Prozent. "Wir kommen diesmal rein, wir haben in den letzten Jahren so gute Zugewinne gehabt", sagte Spitzenkandidatin Marie Luise von Halem. Die Grünen, die für einen Qualitätssprung in der Bildung und ökologische Modernisierung geworben haben, finden bei ausgewanderten Großstädtern im Speckgürtel um Berlin Zuspruch. Ob das reicht, ist fraglich.

Als chancenlos gelten rechtsextremistische Parteien. Die Deutsche Volksunion (DVU), die 2004 als einzige Rechtspartei antrat und 6,1 Prozent holte, konkurriert diesmal mit der NPD. Beide lagen in Umfragen weit unter fünf Prozent.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.50709
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.9.2009/aho
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.