Diese Partei ist ein Hort der aggressiven Nostalgie und einer rohen Bürgerlichkeit. Im Westen der Republik ist sie rechts- und nationalliberal, man findet dort auch die Federn vom abgebrochenen rechten Flügel der CDU; im Osten der Republik ist die AfD radikaler, ist sie völkisch und rassistisch; sie ist dort eine revitalisierte NPD und zeigt ausgeprägte Verachtung für demokratische Regeln und Umgangsformen. Umso erschütternder ist ihr Großerfolg in Sachsen-Anhalt.
Die NPD saß vor fünfzig Jahren, in ihren erfolgreichsten Zeiten, in sieben Landtagen; die AfD sitzt jetzt in acht. Sie ist gefährlicher, als es die NPD damals war, weil sie mehr bürgerlichen Anschluss hat. Bedrohlich für eine liberal-aufgeklärte Gesellschaft ist die AfD nicht nur wegen der Wahlerfolge, sondern weil mit ihr der gesellschaftliche und politische Diskurs nach scharf rechts verschoben wird. Die von Thilo Sarrazin im Jahr 2010 freigesetzte Menschenfeindlichkeit hat in der AfD ihre Partei gefunden: Es wird heute allenthalben über Themen diskutiert, die vor einem Jahr noch als indiskutabel galten.
Was tun? Das Land darf sich von der AfD nicht hysterisieren lassen. Die Zivilgesellschaft ist auch in der Flüchtlingskrise stark; die nach wie vor große Hilfsbereitschaft fand aber seit Silvester viel weniger Beachtung als jede Kapriole der AfD. Es gibt noch immer (und trotz aller Fokussierung auf die AfD) einen breiten aufgeklärten Konsens in Deutschland. Und es gibt, hoffentlich, die Kraft der anderen Parteien, diesen Konsens inhaltlich zu verteidigen. Das wird künftig auch in Regierungsbündnissen geschehen müssen, die bisher unüblich waren; Dreier-Koalitionen werden notwendig sein.
Es gibt noch eine große Lehre aus dem Wahlsonntag: Deutschland braucht eine Politik, die auf den Zusammenhalt der Gesellschaft setzt. Das ist keine Floskel, sondern eine Politik, die die soziale Sicherheit stärkt; dann wird die AfD auch für die Abgehängten dieser Gesellschaft keine Alternative mehr sein.