Landtagswahl Schleswig-Holstein:Zitterpartie um Schwarz-Gelb

Nach den letzten Hochrechnungen reicht es in Schleswig-Holstein für Schwarz-Gelb - aber nur durch Überhangmandate. Die große Koalition wurde brutal abgestraft.

Heftige Verluste für die großen Parteien, große Gewinne für die Kleinen und eine Zitterpartie bis zum Schluss: Trotz historischer Einbußen seiner CDU kann Ministerpräsident Peter Harry Carstensen nach der vorgezogenen Landtagswahl in Schleswig-Holstein weiter regieren.

Landtagswahl Schleswig-Holstein: Ministerpräsident Peter Harry Carstensen.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen.

(Foto: Foto: dpa)

Ob es dabei aber für eine Koalition mit seinem erstarkten Wunschpartner FDP reicht, war am Sonntagabend bis zuletzt unklar. Nach Hochrechnungen von ARD (22.50 Uhr) und ZDF (22.17 Uhr) erreichten CDU und FDP zwar nicht die Mehrheit der Zweitstimmen. Dank der zu erwartenden Überhangmandate konnten sie aber dennoch darauf hoffen, eine Mehrheit von genau einem Sitz im Landtag zu erhalten.

SPD fällt auf schlechtestes Nachkriegsergebnis

Die SPD mit Ralf Stegner an der Spitze - bis zum Bruch der großen Koalition im Juli Regierungspartner der CDU - stürzt auf ihr schlechtestes Ergebnis in der Nachkriegszeit. Die Linke zieht erstmals in das Landesparlament ein, das sechs Fraktionen umfasst.

SPD, Grüne, Linke und SSW kommen zusammen auf 40 beziehungsweise beziehungsweise 42 Sitze. Die Partei der dänischen Minderheit - der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) - ist von der Fünf-Prozent-Klausel befreit und zieht mit 3 Abgeordneten in den Landtag ein. CDU und FDP kämen auf 41 beziehungsweise 43 Sitze im Landtag.

Die CDU erreicht mit 31,4 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit fast 60 Jahren - nach 40,2 Prozent bei der Wahl 2005. Die SPD fällt auf den historischen Tiefstand von 25,3 bis 25,7 Prozent (38,7). Ihr bestes Landtagswahlergebnis in Schleswig-Holstein erreicht die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Wolfgang Kubicki mit 14,9 bis 15,1 Prozent (6,6). Die Grünen legen ebenfalls auf ihr bestes Ergebnis von 12,1 bis 12,3 Prozent (6,2) zu. Die Linken kommen auf 6,0 bis 6,3 Prozent der Stimmen (0,8 PDS). Für den SSW stimmen 4,0 bis 4,6 Prozent (3,6).

Eine Stichprobe der Landeswahlleiterin auf Grundlage von 60 repräsentativ ausgewählten Wahlbezirken ergab kurz nach 22.00 Uhr: CDU 32,7, SPD 24,8, FDP 14,4, Grüne 12,6, Linke 5,9 und SSW 4,1 Prozent. Zur Mandatsverteilung gab dabei es keine Angaben.

Auch Jamaika-Koalition oder Bündnis mit dem SSW möglich

Sollte es für eine schwarz-gelbe Koalition am Ende nicht reichen, sah Carstensen auch die Möglichkeit, mit den Grünen über die erste Jamaika-Koalition auf Landesebene zu verhandeln oder Gespräche mit dem SSW aufzunehmen. Carstensen kündigte bereits für Montag erste Gespräche an. "Am Vormittag bin ich in Berlin und auf dem Rückweg habe ich viel Zeit zum Telefonieren." Auch die Partei der dänischen Minderheit schloss Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP nicht aus. Kubicki sagte: "Jamaika ist für mich kein Schreckgespenst."

Trotz der starken CDU-Verluste war Carstensen nicht unzufrieden: "Es ist knapp, aber es sieht so aus: Wir haben unser Wahlziel erreicht." Er gehe davon aus, dass die CDU mit der FDP das Land regieren kann. "Das ist gut, und das ist gut für unser Land."

Stegner reagierte enttäuscht

Stegner räumte die klare Niederlage seiner Partei ein. "Das ist heute ein bitterer Tag für die Sozialdemokratie. Wir hatten eine extrem schwere Ausgangslage durch den Koalitionsbruch." Die SPD sei darauf eingestellt gewesen, im Mai zu wählen. Zudem sei es bei einer historischer Niederlage im Bund unmöglich, im Norden deutlich anders abzuschneiden. "Wir werden uns Gedanken machen müssen", kündigte Stegner an.

Die Spitzenkandidaten der Grünen, Robert Habeck und Monika Heinold, äußerten sich erfreut. "Das ist ein großer Erfolg." Habeck erklärte: "Wenn es für Schwarz-Gelb nicht reicht, werden wir mit allen Gespräche führen." Auch der SSW zeigte sich zufrieden. "Wir stehen für eine Regierung bereit. Aber der SSW wird sich sehr, sehr teuer verkaufen", sagte der SSW-Landtagsabgeordnete Lars Harms.

"Wir haben ein großartiges Ergebnis eingefahren", sagte die Spitzenkandidatin der Linken, Antje Jansen. Die Menschen in Schleswig-Holstein hätten für die Partei gestimmt, da im Land bisher zu wenig "in Richtung soziale Gerechtigkeit passiert ist".

Acht Prozent höhere Wahlbeteiligung als 2005

Die Wahlbeteiligung lag bei 74,5 Prozent. 2005 war sie auf den historischen Tiefstand von 66,5 Prozent gerutscht. 13 Parteien bewarben sich um die Stimmen der rund 2,2 Millionen Wahlberechtigten im nördlichsten undesland. Die CDU hatte die große Koalition in Kiel nach Streit zwischen den Parteien und vor allem zwischen Carstensen und Stegner - der bis zu einer Regierungskrise 2007 Innenminister war und dann SPD-Fraktionschef wurde - aufgekündigt.

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