CDU:Kramp-Karrenbauers zweitwichtigster Mann

CDU: Kretschmer hat seinen Ministerpräsidentenposten erfolgreich verteidigt.

Kretschmer hat seinen Ministerpräsidentenposten erfolgreich verteidigt.

(Foto: AFP)
  • Bei der Bundestagswahl lag die CDU in Sachsen hinter der AfD, genauso wie bei der Europawahl im Mai.
  • Gemessen daran ist ihr Ergebnis vom Sonntag ein großer Erfolg, zu dem Kramp-Karrenbauer allerdings kaum etwas beigetragen hat.
  • Es ist Michael Kretschmer, dem es gelungen ist, die CDU trotz Gegenwind aus Berlin wieder auf den ersten Platz zu schieben - das hilft jetzt auch AKK.

Von Robert Roßmann, Berlin

Auf der Homepage der CDU gibt es ein Foto, das Annegret Kramp-Karrenbauer Arm in Arm mit Nico Lange zeigt, ihrem engsten politischen Vertrauten. Die Aufnahme ist nach der Wahl Kramp-Karrenbauers zur Parteichefin entstanden und ziemlich verwackelt - die Botschaft aber eindeutig. "Überglücklich und happy: AKK und ihr 'zweitwichtigster Mann'" steht über dem Foto. Doch seit diesem Sonntag gilt das nicht mehr. Eigentlich müsste die CDU das Foto sofort zu Gunsten eines Bildes mit Michael Kretschmer austauschen. Denn der sächsische Ministerpräsident hat mit seinem unermüdlichen Einsatz und einem klug angelegten Wahlkampf noch stärkere Verluste der CDU verhindert - und Kramp-Karrenbauer damit vor einer Debatte um ihre Führungskünste bewahrt. Der zweitwichtigste Mann nach Helmut Karrenbauer ist jetzt eindeutig Michael Kretschmer.

Bei der Bundestagswahl war die CDU in Sachsen hinter der AfD gelandet, genauso wie bei der Europawahl im Mai. Und in den Umfragen zur Landtagswahl hatten sich CDU und AfD lange ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Im Juni lagen die Christdemokraten noch bei 24 Prozent. Gemessen daran ist das CDU-Ergebnis vom Sonntag ein großer Erfolg. Kretschmer ist es gelungen, die Union wieder auf den ersten Platz zu schieben. Und er wird Ministerpräsident bleiben. Entsprechend groß war am Abend die Erleichterung in der Bundes-CDU. Dass die Union in Brandenburg ein schlechtes Ergebnis einfuhr, trübte diese Erleichterung zwar - Generalsekretär Paul Ziemiak sprach offen von einer "Enttäuschung". Anders als in Sachsen hat die CDU in Brandenburg aber noch nie sonderlich gut abgeschnitten.

Außerhalb der Parteizentrale gab es in der CDU allerdings auch einige, die darauf verwiesen, dass das Sachsen-Ergebnis doch ebenfalls schlecht sei - nicht nur verglichen mit den Resultaten der Ära von Kurt Biedenkopf. Noch bei der Landtagswahl 2014 sei die CDU auf 39,4 Prozent gekommen. Aber das war vor dem Flüchtlingsherbst 2015. Und es war vor der Wiederauflage der großen Koalition in Berlin, die wie eine bleischwere Last auf den Wahlkämpfern im Osten lastete.

"Den Leuten fehlt das Vertrauen in die Arbeit der Groko"

Mike Mohring, der Spitzenkandidat der CDU in Thüringen, hat das in den vergangenen Wochen immer wieder und erstaunlich deutlich moniert. "Den Leuten fehlt das Vertrauen in die Arbeit der Groko", klagte er. Die Bürger würden "denken, die Politik ist nur mit sich selbst beschäftigt". Und manchmal könne man ihnen da gar nicht widersprechen. Dass es der Bundesregierung immer noch nicht gelungen ist, die Grundrente zu beschließen, die Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag versprochen haben, hält er für einen großen Fehler. "Man gewinnt mit der Grundrente keine Wahlen", weiß auch Mohring. Aber durch nicht eingelöste Versprechen könne man Wahlen verlieren. Auch Kretschmer hat den Umgang der großen Koalition mit der Grundrente als unverantwortlich verurteilt.

Mohring und Kretschmer sitzen im CDU-Präsidium, dem engsten Führungszirkel der Partei. Im August haben sie dort ihrem Unmut Luft gemacht - aber ohne Erfolg. Das gilt auch für den Umgang der CDU mit der Klimapolitik. Dass die Bundespartei ausgerechnet vor den Wahlen im Osten, wo sich viele eher um die Kumpel in der Lausitz sorgen, die Klimapolitik an die oberste Stelle gerückt hat, halten die beiden für einen Fehler. Auch weil sie den Eindruck hatten, dass einige in der CDU dabei eher Vorstellungen der Grünen hinterherlaufen, statt eigene Konzepte zu präsentieren. Dass CSU-Chef Markus Söder dann auch noch einen schnelleren Ausstieg aus der Kohle anmahnte, als ihn die Kohlekommission vereinbart hat, verärgerte die Wahlkämpfer im Osten erst recht. Kretschmer, Mohring und der Brandenburger CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben mussten sich vorkommen wie Radfahrer beim Anstieg nach L'Alpe d'Huez, denen vom eigenen Mannschaftswagen aus etwas in die Speichen gesteckt wird.

Ungeschickter Umgang mit Maaßen

Das gilt erst recht für Kramp-Karrenbauers Umgang mit Hans-Georg Maaßen. Dass die CDU-Chefin sich ausgerechnet kurz vor den Wahlen im Osten vom ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten distanziert hat, fanden viele taktisch ungeschickt, aber wenigstens noch inhaltlich verständlich. Dass Kramp-Karrenbauer dabei indes erst nach Protesten einen Parteiausschluss von Maaßen ausgeschlossen hat, wurde unisono als gewaltiger Fehler der Parteichefin gesehen. Kramp-Karrenbauer habe damit ohne Not eine Debatte ausgelöst, in der die CDU angesichts der Beliebtheit Maaßens in Teilen der Partei nur verlieren könne, hieß es. Auch deshalb muss Kramp-Karrenbauer jetzt Kretschmer dankbar sein. Wäre die CDU in Sachsen hinter die AfD zurückgefallen, hätte sich vor allem Kramp-Karrenbauer dafür verantworten müssen.

Die CDU-Chefin wird es allerdings auch so nicht einfach haben. Durch den Einsatz von Kretschmer wurde zwar das Schlimmste verhindert. Aber wenn die erste Freude darüber im Adenauer-Haus verflogen ist, wird man sich eingestehen, dass die Wahlergebnisse vom Sonntag tatsächlich nur gemessen an den niedrigen Erwartungen erträglich sind. Sowohl in Sachsen als auch in Brandenburg hat die Partei verglichen mit den Landtagswahlen zuvor erheblich verloren. Und in Thüringen könnte es schon im Oktober den nächsten politischen Nackenschlag für die CDU geben.

An diesem Montag wird sich Kramp-Karrenbauer zusammen mit Kretschmer und Senftleben im Foyer der CDU-Zentrale den Fragen der Journalisten stellen. Vorher bekommen die Spitzenkandidaten traditionell einen Blumenstrauß. Bei diesen Strauß-Übergaben werde von der Parteispitze gerne der Eindruck erweckt, schlechte Ergebnisse hätten nichts mit der Bundespartei und der Bundespolitik zu tun, hat Mohring vor Wochen gespöttelt. Diesmal werde das aber nicht mehr funktionieren.

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